Die fünf Polarstaaten streiten um Rechte an den Rohstoffen am Nordpol. Nato beobachtet zunehmende militärische Aktivitäten. Deutschland will mit Arktis-Konferenz Anfang März Lösungen vorbereiten helfen.
Der Eisbär auf der schmelzenden Scholle hat es zum Symbol der bedrohten Arktis gebracht. Während der Klimawandel für das sensible Ökosystem des hohen Nordens katastrophale Folgen haben kann, freuen sich die Anrainerstaaten über die zunehmend eisfreie Fläche. Denn dies bedeutet einen leichten Zugang zu gigantischen Rohstoffmengen.
Nach einer US-Studie sollen unter dem Meeresboden etwa 25 Prozent der bislang noch nicht entdeckten Öl- und Gasvorkommen der Welt liegen. Das weckt Begehrlichkeiten. Schon haben die Russen mit einem Mini-U-Boot ihre Flagge in den Nordpolgrund gerammt. Doch wem gehören die Schätze wirklich?
Neue Chancen und neue Verantwortlichkeiten
Bisher haben sich die Deutschen in dem Streit zurückgehalten, nun aber meldet sich die Bundesregierung mit einer großen Arktiskonferenz zu Wort, die vom 11. bis 13. März in Berlin stattfindet. Rund 150 Diplomaten, Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter aus Dänemark, Norwegen und Russland sollen über „neue Chancen und neue Verantwortlichkeiten” in der Arktis beraten.
Deutschlands Interessen an der Stabilität im hohen Norden liegen auf der Hand: Russland und Norwegen sind zwei wichtige Energielieferanten, überdies ist Deutschland eine der führenden Nationen in der Arktisforschung und forciert den Schutz des Ökosystems. Durch internationale Gespräche sollen mögliche politische und militärische Spannungen vermieden werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der die Konferenz eröffnen soll, hatte bereits vor einem Jahr erklärt: „Wir haben einen kalten Krieg am Nordpol zu vermeiden.”
"Kalter Krieg"
Das plakative Wort vom „kalten Krieg” findet Prof. Claus Leggewie, Essener Kulturwissenschaftler und Mitglied des „Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen” (WBGU) keinesfalls übertrieben, auch wenn damit nicht die alte Ost-West-Konfrontation gemeint sei. „Die Region ist von wachsender geostrategischer Bedeutung”, so Leggewie. „Russen und andere Nationen stecken ihre Claims ab, es beginnt ein Rennen um die Rohstoffe. Und derzeit gibt es kein internationales Regulierungssystem.” Eine Ausbeutung der Rohstoffe würde die Umweltzerstörung in einem einzigartigen Bioreservat forcieren, so Leggewie. „Es wäre vergleichbar mit der Abholzung des Regenwaldes.” Zudem würde der Druck sinken, auf alternative Energien umzuschalten.
Prof. Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) bestätigt diese Einschätzung. Das Öl der Arktis werde den Klimawandel weiter befeuern. „Die Entwicklungen übertreffen sämtliche Modellsimulationen”, so Levermann. Schon in zehn bis dreißig Jahren könne der Nordpol im Sommer eisfrei sein. „Ein weiterer Abbau von fossilen Brennstoffen vom Arktischen Meeresboden birgt die Gefahr eines erhöhten Treibhausausstoßes.”
Die offene Frage, wer in der Arktis welche Ansprüche geltend machen kann, beunruhigt auch die Nato. Die fünf Polarstaaten Russland, Norwegen, Dänemark, Kanada und die USA seien über die Ausdehnung ihrer Einflussgebiete uneins – etwa was die Frage angehe, wie weit der jeweilige Festlandsockel ins Meer reiche, sagte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer kürzlich auf einer Sicherheitskonferenz in Island. „Wir beobachten eine ständige Verstärkung der militärischen Aktivitäten in der Region”, so Scheffer besorgt. Die Allianz müsse sich darauf einstellen.