Essen. Mehr als hundert Staats- und Regierungschefs reisen zur UN-Klimakonferenz, die am Montag in Kopenhagen beginnt. Von China und den USA hängt es ab, wie das Gerüst eines neuen Klimaschutzabkommens aussehen wird. Die Knackpunkte der zweiwöchigen Verhandlungen.

Es ist die komplizierteste und wohl folgenreichste Klimakonferenz in der Geschichte der Vereinten Nationen. Verhandelt wird über einen Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll, das Ende 2012 ausläuft. Und eigentlich ist es einfach: Die Delegierten aus 190 Staaten müssen nur die Antworten auf drei Schlüsselfragen finden.


Zu welchen CO2-Zielen verpflichten sich die Industrieländer?

Über allem steht die Warnung der Wissenschaft, die Erwärmung der Erde auf maximal zwei Grad Celsius zu beschränken, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern. Übersetzt in CO2-Einsparziele heißt das: Weltweit sollen die Emissionen bis 2050 halbiert werden, schon ab 2020 soll der Anstieg gestoppt und der Ausstoß gesenkt werden. So lautet der Vorschlag Dänemarks, Gastgeber und Moderator der Konferenz. Konkret geht es nun um die Verpflichtung der Industriestaaten, bis 2020 den CO2-Ausstoß um 25 bis 40 Prozent zu reduzieren. Davon ist man noch weit entfernt.

In einem Dilemma steckt US-Präsident Barack Obama. Die Klima- und Energiegesetze stecken im Senat fest, ohne dessen Segen er in Kopenhagen nichts Verbindliches unterschreiben wird. Obama, der Mittwoch zum UN-Gipfel reist, sind die Hände gebunden. Der Vorschlag der USA entspricht in Bezug auf das Vergleichsjahr 1990 einer CO2-Reduktion um vier bis sechs Prozent. Zum Vergleich: Die EU will um 20 Prozent reduzieren, im Falle eines ambitionierten Abkommens um 30 Prozent. Deutschland hat 40 Prozent zugesagt. „Die US-Regierung kann über bestimmte Zusagen nicht hinausgehen, will sie den Gesetzgebungsprozess im Kongress nicht gefährden. Innenpolitisch ist das nicht ungefährlich für Obama”, sagt Arne Jungjohann, Energieexperte der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington.


Welche Pflichten akzeptieren die Schwellen- und Entwicklungsländer?

China diktiert die Bedingungen. Das Riesenreich mit den weltweit meisten Emissionen (jede fünfte Tonne Treibhausgas ist „made in China”) will die Emissionen pro Einheit des Bruttoinlandsproduktes um 45 Prozent senken. Aber: Weder soll das Ziel völkerrechtlich verbindlich sein, noch will man akzeptieren, dass schon ab 2020 der Höhepunkt der Emissionen erreicht sein soll. So steht es auch in einem Positionspapier, das neben China auch Indien, Brasilien und Südafrika unterschrieben haben. Die Drohgebärde: Falls die Industriestaaten bei den Klimazielen nicht nachbessern, könnten die großen Schwellenländer die Verhandlungen vorzeitig abbrechen. „Das wäre ein beispielloser Eklat. Aber ich fürchte, man darf das nicht auf die leichte Schulter nehmen”, sagte Christoph Bals, Geschäftsführer der deutschen Umweltorganisation Germanwatch.


Wie viel Geld und technische Unterstützung geben die Industriestaaten, um Schwellen- und Entwicklungsländern die Anpassung ans Klima sowie die CO2-Einsparung zu ermöglichen?

Nach Schätzungen benötigen alleine die ärmsten Länder bis 2020 rund 100 Milliarden Euro jährlich, um Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Kein Geld, kein Abkommen, heißt es vor Kopenhagen. Die afrikanischen Staaten drohen mittlerweile offen mit dem Abbruch der Verhandlungen, weil die Industrieländer keine langfristigen Zusagen auf den Tisch gelegt haben. Deutschland sorgt nun für weiteren Ärger: Der Bundestag beschloss am Donnerstag, dass die Finanzmittel für den Klimaschutz in Entwicklungsländern auf die schon bestehende Verpflichtung angerechnet werden sollen, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. „Das bedeutet: Klimaschutz statt Schulen oder Aids-Programme”, sagt Bals. Er glaubt: Die Nächte in Kopenhagen könnten lang werden.

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