Dorsten..
Die letzten Stunden auf der Costa Concordia, die heute vor zwei Woche an der italienischen Westküste auf einen Felsen aufgelaufen ist, wird die 75-jährige Dorstenerin wohl nie mehr vergessen. Gemeinsam mit einem Freund hatte sie eine schöne Urlaubswoche auf dem Kreuzfahrtschiff verbracht, als das Unglück passierte. Die Dorstenerin wie auch ihr Freund stehen noch zu sehr unter dem Eindruck der Ereignisse, als dass sie der WAZ davon erzählen könnten. Das übernimmt ihre Rechtsanwältin Britta Heiermann.
„Meine Mandanten wurden völlig überrascht von dem Unglück. Sie haben eigentlich erst etwas gemerkt, als der Mann von seinem Bett gegen die Bordwand rollte und sein Knie schwer verletzte“, schildert die junge Anwältin. Davor habe es beruhigende Durchsagen gegeben, niemand ahnte, wie schlimm es stand.
Das Schiff war bereits auf die Seite gekippt, als Alarm ausgelöst wurde. Für die Dorstenerin und ihren 80-jährigen, verletzten Freund bedeutete dies, von ihrer Kabine auf Deck 9 zu den Rettungsbooten auf Deck 4 zu müssen. „Sie hatten sicher noch Glück, dass sie runter und nicht rauf mussten“, meint Britta Heiermann. „An den Rettungsbooten ging das Chaos dann erst richtig los.“ Von der Besatzung habe man nur Reinigungs- und Küchenkräfte gesehen, berichteten die Mandanten. Diese hätten sich verzweifelt bemüht, die verkeilten Boote zu lösen. Das sei nach einer gefühlten Ewigkeit gelungen, der 80-Jährige sprang in letzter Minute ins Boot. Das nahm Kurs auf die Insel Giglio. Dort musste man die schockierten Inselbewohner aus dem Bett holen - es war schon Mitternacht. alle kümmerten sich fürsorglich.
Von der Reederei bekamen die Mandanten erst einen Tag später auf dem Flughafen von Genua etwas zu sehen, wohin man sie per Fähre und Bus gebracht hatte. Der Flughafenarzt besah sich die Knieverletzung des 80-Jährigen und entschied, dass er nicht wie geplant mit Bus nach Deutschland reisen könne, sondern fliegen müsse. Die deutsche Botschaft sorgte für alles weitere. Sonntag gegen Mitternacht waren sie zu Hause.
Am Mittwoch hatten die Beiden bereits ein Schreiben der Reederei in der Post mit vielen Formularen und einem Verrechnungsscheck über den gesamten Reisepreis. Britta Heiermann und ihr Kollege Andre Römer, mit dem sie in Bürogemeinschaft arbeitet, hoffen, dass dies ein gutes Zeichen dafür ist, dass die Reederei sich außergerichtlich einigen will. Schmerzensgeld - die Anwälte gehen von rund 2500 Euro aus, auch wegen der ausgestandenen Todesangst, Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude und Schadensersatz für verlorenes Gepäck können die Passagiere geltend machen. „Meine Mandaten wollen die Sache so schnell wie möglich abwickeln“, erklärt die Anwältin. Bis die Schuldfrage für das Unglück geklärt ist, wird es sicher länger dauern.