Essen. Die Frage, wie die Zukunft von Opel wohl aussehen mag, ist seit gestern um eine Variante reicher.
Das Wall Street Journal berichtet von Überlegungen in der Führung der Muttergesellschaft General Motors (GM), Opel als Tochtergesellschaft in Europa mit eigenen Mitteln in Höhe von 700 Millionen Euro sowie einem Beitrag von einer Milliarde aus den Ländern mit Opel/Vauxhall-Standorten zu erhalten. Das sind Großbritannien, Spanien und Polen.
Bislang galt es als ausgeschlossen, dass der mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche GM-Konzern Steuergelder in ausländische Standorte steckt. So hatte sich US-Präsident Obama geäußert. Nachdem aber GM mit einer Blitzsanierung das US-Insolvenz-Verfahren samt Entschuldung hinter sich gebracht hat, sieht die Lage anders aus. Offenbar sieht sich der Konzern jetzt in der Lage, eigene Mittel aufzubringen.
Für die deutschen Opel-Standorte bedeutet diese Möglichkeit allerdings wachsende Unsicherheit. „Es würde sich eine schwierige Lage für die deutschen Werke ergeben”, sagt der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel. Für Einenkel schwebt über diesen Überlegungen ein Damoklesschwert: nämlich der erste Sanierungsplan von GM aus dem Frühjahr, der die Schließung der Standorte Bochum sowie Antwerpen und den Verkauf von Eisenach vorsah. Solche Überlegungen seien „sehr ernst zu nehmen”, warnte Einenkel. Allerdings könnte diese Variante auch eine neue Karte im Poker um die besten Konditionen sein.
Kehrtwende bei General Motors
Das Szenario, wonach GM eine Kehrtwende vollzieht und Opel wegen des wichtigen europäischen Marktes doch behalten will, könnte auch eine Insolvenz von Opel beinhalten. Dafür spricht, dass sich GM so der 4,5 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen entledigen könnte; zudem würde man über das dreimonatige Insolvenzgeld mehrere Hundert Millionen Euro Gehälter sparen. Dagegen spricht die Unwägbarkeit, die das deutsche Insolvenzrecht mit sich bringt: Am Ende des Tages hätte der Verwalter das Sagen. GM müsste hoffen, nach erfolgreicher Sanierung als ein Investor von mehreren den Zuschlag für Opel Neu zu erhalten.
Gleichwohl: Eine Insolvenz müsste auch für die Bundesregierung ein Horrorszenario sein. Nicht allein, weil dann vermutlich Werke schließen, sondern, weil die 4,5 Milliarden von der deutschen Wirtschaft über den Pensionssicherungsverein zu tragen wären. Ob das der Grund ist, weshalb der Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kein Sterbenswörtchen mehr über eine Insolvenz verliert?
Im Sinne der Arbeitnehmer
Auch von anderen Investoren will zu Guttenberg nun nichts mehr wissen. Es scheint so, als habe sich die Bundesregierung dem Magna-Mantra verschworen, was einige Beobachter als Strategie deuten: Erstens muss Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Position nicht ändern, alles andere würde im Wahlkampf als Schwäche ausgelegt. Zweitens bleibt die Chance erhalten, dass Magna den Zuschlag erhält – womit Merkel und der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sich durchgesetzt hätten. Und zwar im Sinne der Arbeitnehmer.
Drittens, und das könnte den Ausschlag gegeben haben, bietet die Magna-Festlegung der Politik den besten Schutz vor Schuldzuweisen, sollte es für Opel doch dick kommen, weil GM nicht verkauft, Werke schließt oder die Insolvenz folgt. Kanzlerin und Kandidat könnten auf ihren Einsatz für Magna verweisen, den sie ebenfalls im Sinne der Arbeitnehmer geführt haben.