München. Das Münchner Literaturhaus widmet dem Kabarettisten Gerhard Polt zum 70. Geburtstag eine Ausstellung. Polt trat häufig als fleischgewordenes Klischee eines Kleinbürgers auf, nahm aber auch die Obrigkeit gehörig in die Mangel.
Bei minus zehn Grad, eine dicke Mütze auf dem Kopf, sitzt Gerhard Polt an einem verschneiten Bootssteg und erklärt, dass er gerne Bootsverleiher wäre. „Mehr als Bootsverleiher kann man eigentlich nicht werden“, findet der Kabarettist und sinniert noch ein bisschen über die Bootsverleih-Branche in Zeiten der Globalisierung.
Es ist Polt in Reinform, der da auf der Leinwand seine eigenwillige Logik und seinen hintergründigen Humor vorbringt. Das Video ist ein Willkommensgruß für die Besucher des Münchner Literaturhauses und stimmt sie auf das ein, was sie in der Geburtstags-Ausstellung „Braucht’s des?!“ erwartet.
Anlässlich von Polts 70. Geburtstag am 7. Mai steht der vielfach ausgezeichnete Schauspieler im Mittelpunkt einer persönlichen, liebevoll inszenierten Schau. Für diese hat der Autor dem Literaturhaus nicht nur „seine echte Berufung“, die des Bootsverleihers, verraten, sagt Kuratorin Sandra Wiest. Der Humorist habe in Videobotschaften viele „tolle Kommentare“ beigetragen. Anhand der Sequenzen führt er an den einzelnen Stationen durch die Ausstellung. „Man hat das Gefühl, er ist wirklich da“, schwärmt Wiese.
Die „Berufung“ des Kabarettisten dient als gestalterisches Mittel. Dokumente, Fotos und Briefe zeigen entlang eines 25 Meter langen Bootsstegs Kapitel aus Polts Leben - ohne Anspruch auf Vollständigkeit. An jeder Station erzählt der Humorist in einem kurzen Video von seinen Ansichten und Erlebnissen.
So ist in einem alten Schulaufsatz in bemühter Schönschrift zu lesen, wie Gerhard Polt als Kind einmal einer Prügelstrafe entkam, weil der Kochlöffel abbrach. Oder er berichtet, wie er in jenen Jahren in seinem Heimatort Altötting den Wallfahrern Heiligenbilder „angedreht“ hat, um mit dem Geld eine elektrisch betriebene Krippe in der Kirche anzuwerfen, „eines der ersten Entertainment-Erlebnisse“ seines Lebens. Ein solches „wunderbares Kripperl“ ist nun auch in der Schau zu sehen.
An den Seitenwänden begleiten Filme auf elf Großleinwänden die Schau. Dort ist Polts Schaffen zu sehen, natürlich seine größten Erfolge wie der Sketch „Mai Ling“ oder ein Ausschnitt aus dem Kultfilm „Man spricht deutsch“, in dem Polt Anfang der 80er Jahre deutsche Urlauber in Italien auf die Schippe nahm.
Polt will zu Lebzeiten keine Biografie
Polt trat häufig als fleischgewordenes Klischee eines Kleinbürgers auf, nahm aber auch die Obrigkeit gehörig in die Mangel. Er erzürnte Politiker, provozierte mit einem Auftritt in der DDR und schreckte auch nicht davor zurück, in der Rolle des Papstes das Kirchenoberhaupt durch den Kakao zu ziehen. Zeitungsartikel und empörte Beschwerdebriefe zeugen davon, welchen Wirbel der Künstler auslöste.
Für die Schau musste er über seinen Schatten springen, wie er erzählt. Er mag seine eigenen Sachen nicht gerne anschauen. „Man sieht ja immer nur die Fehler.“ Eine weitere Abneigung hat er gegen eine Biografie zu Lebzeiten, weshalb er „erst einmal vorsichtig“ war, als er von der Idee zur Ausstellung hörte. Sie ist aber bewusst nicht als umfassende Retrospektive auf ein Lebenswerk gestaltet.
Polt gab sich einen Ruck: „Besser eine Ausstellung als wie wenn man ausgestopft wird“, sagt er und scheint mit dem Ergebnis durchaus zufrieden zu sein. Er ist zumindest begeistert von „diesem Kripperl mit dem Weihrauchgeruch“. Das läuft auch ganz ohne Münzeinwurf. „Des is alles im Preis scho drin.“