Essen.
Kleidung kommuniziert - auch im Büro. Mit unpassender Kleidung macht man sich am Arbeitsplatz schnell unbeliebt oder sendet falsche Signale. Doch wie viel Weiblichkeit darf sein?
DieTemperatur steigt, die Sonne lacht, die Outfits werden luftiger. Doch auch wenn der Frühling endlich seine schöne Seite zeigt, besteht zwischen Büro und Freitzeit ein Unterschied. Eilig in die Klamotten schlüpfen, die Wimperntusche halb verschlafen auftragen, nach einer lochfreien Strumpfhose suchen und in die erstbesten Schuhe stolpern - ganz so unbedacht sollte man sich nicht auf den Weg zur Arbeit machen. Nicht jedes kurze Kleidchen, sei es auch noch so trendig mit süßem Streublumenmuster und passend zur Farbe des Frühlings, kommt beim Chef gut an. Peppige Kleidung mag in einem kreativen Architekturbüro in der Südstadt Kölns durchaus normal, vielleicht sogar gewünscht sein. Nicht auf Anhieb akzeptiert wird man damit in einer Bank im Sauerland.
Welche Kleidung bei der Arbeit erlaubt oder erwünscht ist, hängt ganz von der Arbeitsstelle ab. Esther Hartwich, Bildungsexpertin bei der DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammer), empfiehlt: „Die Schuhe sollten geputzt und die Kleidungsstücke gepflegt und gebügelt aussehen. Auch die Körperpflege ist wichtig. Frisch gewaschene Haare, saubere Fingernägel zu einem gepflegten Äußeren. Gerade Männer achten häufig nicht auf ihre Nägel.“ Knallige, bunte Fingernägel sowie auffälliger Schmuck und Accessoires würden schnell negativ auffallen. Ein absolutes No-go bei Männern: Krawatten mit Logo. „Eine Krawatte des Lieblingsfußballvereins sollte man lieber zu Hause lassen.“, so Esther Hartwich. Freizeitklamotten wie Flip-Flops oder kurze Trägertops sollten bei der Arbeit nicht getragen werden. “Der Ausschnitt sollte nicht zu tief und die Rocklänge nicht zu knapp sein. Eine angemessene Kleidung drückt Wertschätzung und Respekt aus.“
Dresscode
Piercings und Tattoos stellen ein Hindernis für viele Berufe dar. Hartwich rät dazu, sie zu verdecken oder zu entfernen. Das bestätigt auch Werner Marquis von der Bundesagentur für Arbeit. „Öffentlich sichtbare Piercings sind ein Problem. Ein Bäcker, der im Verkauf seine tätowierten Arme zeigt, kann eine Hausfrau schnell erschrecken“, witzelt er. Es komme natürlich immer auf den Beruf an. „Wer bei einer Versicherung oder einer Bank arbeitet, muss sich elegant mit Anzug und Hemd kleiden. In einer Werbeagentur darf man auch mit Jeans und Polo-Shirt erscheinen.“ Generell sollte man sich in seiner Kleidung wohl fühlen.
Mit dem Thema Dresscode kennt sich auch Jochen Mai, langjähriger Wirtschaftsjournalist und Leiter des Ressorts „Management + Erfolg“ bei der WirtschaftsWoche, sehr gut aus. In seinem Bestseller „Die Karriere-Bibel“ und dem dazugehörigen Online-Portal karrierebibel.de erklärt er die wichtigsten Dresscode-Regeln. Anzug und Kostüm sind seiner Meinung nach im Büro auf dem Rückzug. Nur jeder zehnte Deutsche (Männer: 10 Prozent; Frauen: 13 Prozent) würde nach einer Studie des IFAK Instituts morgens zu klassischer Kleidung greifen. Ein besonderes Augenmerk legt er auf Schuhe und Herrensocken: „Schuhe sind Verräter. Ausgelatschte, ungepflegte oder schmutzige Galoschen enttarnen jedes noch so perfekte Outfit als pure Verkleidung. Ungepflegtes Schuhwerk kann ein echter Stolperstein für die Karriere sein (bei der Partnerwahl übrigens auch – Frauen achten besonders darauf!).“ Auch die Sockenwahl ist nicht zu unterschätzen. Die Länge des Fußkleides sei entscheidend: „Auch wenn viele Männer sie hassen: an Kniestrümpfen kommen Anzugträger nicht vorbei. Auch wenn beim Sport oder in der Freizeit Socken absolut okay sind – im Business sind unterm Beinkleid hervorlugende Stachelbeerbeine absolut tabu.“
Kleidung ist Komunikation
Kleidung ist für Mai Kommunikation: „Ungepflegte Schuhe, Synthetiksocken, zu kurze Röcke, knittrige Hemden, Motiv-Krawatten oder gar zu viele und zu aufdringliche Accessoires – all das spricht Bände über den Träger, allerdings keine vorteilhaften.“ Sein Tipp: „Kleiden sie sich für die Position, die sie wollen – nicht für den Job, den sie schon haben!“ Kleider machen eben doch Leute. Für Mai steht fest: „So ist das bis heute. Sie können ihre Kleidung nicht daran hindern, zu kommunizieren. Aber Sie können dafür sorgen, dass sie die richtige Botschaft sendet – etwa die, dass sie zu Höherem berufen sind.“
Röcke im Büro sind für Kniggemeister Mai völlig okay, solange sie die richtige Länge haben. Der Rocksaum sollte nie kürzer als eine Handbreit über dem Knie enden.Miniröcke scheiden deshalb aus - zu sexy.“ Der Grund: „Die eigene Kompetenz tritt bei einem zu aufreizenden Rock in den Hintergrund und Frau wirkt unseriös.“ Ein zu tiefer Ausschnitt mit Push-Up-BH habe den gleichen Effekt. „Wenn sollte Frau andere Qualitäten ins Schaufenster packen. Sonst fragen sich die Kollegen zurecht, warum macht sie das? Hier soll doch nicht Germany`s Next Boob-Model gewählt werden.“
Erotische Signale
Knigge-Trainerin Christina Tabernig des Trainingsinstituts korrekt.de hat sich mit der Frage, wie viel Weiblichkeit darf sein, beschäftigt. Ihre Faustregel lautet: „Modische Kleidung, die zu Typ und Figur passt, ist wichtig; auf erotische Signale wie transparente Blusen oder tiefe Ausschnitte sollte man allerdings verzichten.“ Auch zu enge Hosen, unter denen sich der Slip abzeichnet, würden keine gute Figur machen. „Wer mit tiefem Ausschnitt prahlt, läuft Gefahr, nicht als kompetent, sondern allein als sexy wahrgenommen zu werden“, erklärt sie. Nackte Beine seien zudem im Büro tabu. „Egal, wie heiß es draußen ist – tragen sie immer eine Strumpfhose.“
Tabernig plädiert für ein dezentes Make-up. Die Haare sollten geschlossen aus dem Gesicht frisiert getragen werden. „Lange Haare können wiederum in konservativen Unternehmen einen zu femininen Eindruck hinterlassen.“ Frauen dürften ihre Weiblichkeit im Geschäftsleben nicht verstecken. „Sie darf nur nicht dominieren. Ausschlaggebend ist immer die Bewertung des Betrachters.“