Die Kanzlerin und ich haben mehr gemeinsam, als man denkt. Beide trennen wir uns nur ungern von Kleidern, die erstens passen und zweitens  gut aussehen. Vom hausfraulichen Standpunkt aus kann ich daher die Lästereien nicht verstehen, denen Angela Merkel wegen der rauchblauen Robe ausgesetzt ist, die sie jetzt zum zweiten Mal in Bayreuth vorgezeigt  hat. Meine schöne schwarze Seidentunika hatte ich auch schon mal an -  und werde sie weiter anziehen, bis sie auseinanderfällt. Bayreuth-Besucher, die wissen, wo Angela Merkel nach der Eröffnungspremiere im Parkett sitzt, können bestätigen, dass sie ohnehin gerne ihre alten Kostüme  aufträgt. Wir Frauen finden das  sparsam und vernünftig. Was übrigens  die gescholtenen hautfarbenen Nylonsöckchen angeht: In meinem Koffer sind sogar  mehrere Paar davon. Sie sind halt praktisch und verhindern wundgescheuerte Füße. Auf dem Grünen Hügel kommt es sowieso nicht auf die Meinung der Modepäpste an, die uns alle am liebsten in Steh-Jeans zwängen wollen. Es ist hingegen geradezu eine Frage der Wagner-Überlebenstechnik, nur Gewänder   auszuwählen, die beim langen Sitzen weder drücken noch kneifen.