Tönnies hätte die Gefahr ahnen müssen. Dass er nichts unternahm, ist nicht zu entschuldigen. Auch die Politik muss sich Kritik gefallen lassen.

Wut und Aufregung in Ostwestfalen sind groß, das ist verständlich. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Fleischkonzern eine ganze Region in Geiselhaft nimmt und das Land in dem Bemühen, die Pandemie zu besiegen, mit einem Ruck weit zurückwirft? Tönnies hätte die Gefahr erkennen müssen, nachdem das Virus die Konkurrenz getroffen hat. Er hätte sein Werk, seine Beschäftigten und die Bevölkerung konsequent schützen und vorbereiten müssen. Dass er alles weiterlaufen ließ, ist nicht zu entschuldigen.

Tatenlos zugesehen

Die andere Frage lautet: Wie kann es sein, dass sich die Politik mit freiwilligen Selbstverpflichtungen begnügte? Jahrelang haben die Verantwortlichen in der Politik dem zweifelhaften Treiben in der Fleischindustrie tatenlos zugesehen und Werkverträge, prekäre Arbeitsbedingungen und schlimme Wohnverhältnisse zugelassen. War Tönnies zu einflussreich, zu mächtig?

Erst jetzt, wo die Verhältnisse in der Branche durch die Pandemie eine Gefahr für die Allgemeinheit werden, schaut die Öffentlichkeit, schaut die Politik genauer hin. Es wurde höchste Zeit.