Essen. Micky feiert am Dienstag den 80. Geburtstag. Für die einen ist er das Symbol unbeschwerter Kindheit, für die anderen gilt er als angepasster Langeweiler. Stationen einer Bilderbuchkarriere.
Haben Sie immer gedacht, dass Sie es nie zum Star bringen können? Wegen Segelohr und Stupsnase? Dann nehmen Sie sich ein Beispiel an Micky Maus, die hat's schließlich auch geschafft. Heute wird die berühmteste Maus der Welt 80, sieht noch ziemlich frisch aus und hat eine Karriere hinter sich, die schon gut begann, denn Micky war der Star beim Tonfilm. Doch heute verdingt er sich als Animateur in einem großen Freizeitpark bei Paris. Doch eins nach dem anderen.
Tatsächlich macht der eitle Micky sich jünger als er ist. Am 18. November 1928 wurde im New Yorker Colony-Theatre York „Steamboat Willie” uraufgeführt, einer der ersten Trickfilme mit Ton, bei dem Walt Disney selbst die Quieckstimme des Mäuserichs am Steuerrad fistelte. Streng genommen war Micky da schon ein halbes Jahr alt, aber sein Debüt in „Plane Crazy” wollte zunächst niemand sehen.
2920 Dollar für die Rechte an Micky
Der frühe Micky übrigens war wild und frei und ungehemmt: Ein kleiner Anarchist, der gern die Katzen neckte und die Hunde schreckte. Wie so oft sind an der Zeugung solcher (Geistes-)Kinder zwei Personen beteiligt: Neben Disney, der die Geschichten schrieb, war es maßgeblich der Zeichner mit dem klangvollen Namen Ub Iwerks, der Micky Ohren rundete und ihm gelbe Knöpfe an die rote Hose nähte. Iwerks zeichnete auch die ersten Zeitungsstrips – bis Disney den inneren Dagobert entdeckte: Mit läppischen 2920 Dollar zahlte Disney seinen Teilhaber aus. Und erhielt so alle Rechte an der Maus, die rasant an Popularität gewann. So sagte Zeichner Floyd Gottfredson, der eigentlich nur für zwei Wochen als Übergangszeichner engagiert war: „Einen Monat später begann ich mich zu fragen, ob Disney tatsächlich einen anderen Zeichner suchte. Und nach zwei Monaten hatte ich Angst, dass er es tatsächlich tat.”
Der Micky, den wir heute kennen, wird gern als Langeweiler gescholten, als Überangepasster, als unverbesserlicher Spießer. Zu Recht. Denn nach Protesten der amerikanischen Moralwächter entfernte Disney jeden Charakterzug der Maus, der ein schlechtes Vorbild für die armen, armen Kinder sein könnte – und übertrug ihn auf die anderen Charaktere im Disney-Universum. Tolpatschigkeit? Goofy. Schelmenhaftigkeit? Tick, Trick und Track. Jähzorn? Donald. Kein Wunder, dass der vom Schicksal gebeutelte Enterich, der wie ein ungezähmter Gegenentwurf zur braven Maus dasteht, seinem Wegbereiter schnell den Rang ablief.
Detektiv, Reporter, Forscher
Was blieb der Maus da übrig? Micky verdingte sich als scharfsinniger Detektiv, rasender Reporter, unerschrockener Forscher. Und am Ende der Geschichte, das war das ewige Katz-und-Maus-Spiel, klickten meist die Handschellen für Kater Karlo. Und nur in wenigen Fällen hatte mal das Schwarze Phantom oder ein anderer Widersacher die Finger im Spiel. Was ermüdend war, egal ob die Verbrecherhatz auf einer Tropeninsel oder auf dem Mond stattfand.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends ist Micky noch ein Star, allerdings hat die Karriere einen Knick: Während 1998 die Auflage des Micky-Maus-Magazins bei einer Million lag, halbierte sie sich mittlerweile. Schuld sind die Japaner: Pokémon und Dragonball, Sailormoon und Yu-Gi-Oh machen ihm zu schaffen.
Immerhin gab es in den letzten Wochen auch eine wirtschaftlich positive Meldung aus Mickys Welt: Im Disneyland Resort Paris wurden zum ersten Mal seit 1992 Gewinne erwirtschaftet. Auch weil Micky dort noch immer noch schuftet, als Animateur. Ganz schön traurig, so ein Leben als Star: 80 Jahre alt und die Rente ist noch immer nicht in Sicht.
Zum Geburtstag erschien der Band „80 Jahre Micky Maus”, Ehapa /Egmont, 112 Seiten, 16 Euro
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