Dorsten.

Keith Matschulla hat eine Irokesen-Frisur, an der Seite sind seine Haare kurz rasiert.

Muskelbepackt und breitbeinig steht er da. So einem möchte man nicht im Dunkeln begegnen - denkt man zumindest. Dann lächelt er, als ob er den Gedanken erraten hätte. Und das hat er auch. „Gewalt fängt im Kopf an, bei den Vorstellungen und Bildern, die man sich von anderen macht“, sagt Matschulla. Er weiß, wovon er spricht. Seit acht Jahren leitet der 42-jährige Mitarbeiter des Kinder- und Jugendhauses „Rottmannshof“ Anti-Gewalt-Seminare. An diesem Wochenende arbeitet Matschulla mit zehn Jungen und Mädchen zwischen zehn und 17 Jahren.

„Im Rahmen unseres Jugendtreffs im Jüdischen Museum bieten wir diesen Wochenend-Kurs an. Auf Bitten der Jugendlichen, die schon öfter gefragt haben, wie sie am besten mit Gewalt umgehen sollen“, erzählt Gabi Springer. Zusammen mit ihrem Mann Werner und Reinhard Schwingenheuer engagiert sie sich im Jüdischen Museum. Zwar kennen viele der jungen Teilnehmer ähnliche Seminare schon aus dem Schulunterricht, trotzdem ist der Umgang mit dem Thema „Gewalt und Rassismus“ kein leichter. Gerade in Hinblick auf den Veranstaltungsort hat das Thema „Rassismus“ eine wichtige Bedeutung. „Manche Kinder haben schon gefragt, warum hier ab und zu Polizeiwagen stehen“, erzählt Springer.

Zu Beginn müssen jedoch Grundlagen geklärt werden. „Anfangs muss jeder herausfinden, was Gewalt für ihn persönlich bedeutet“, so Matschulla. So haben sich die Teenager unter seiner Anleitung erst einmal auf eine Definition geeinigt. „Gewalt ist, wenn man gegen seinen Willen körperlich oder seelisch verletzt wird“ steht auf dem Flip-Chart im Museumsraum. In praktischen Spielen geht’s nun daran, die Definition mit der Wirklichkeit zu konfrontieren – auch wenn es nur der „Kampf“ um einen Schoko-Riegel ist. „Wichtig ist, dass die Übungen Spaß machen. Sonst bleiben sie nicht im Gedächtnis haften“, erklärt Keith Matschulla.

Doch nicht immer gestaltet sich seine Arbeit so locker. Wenn Matschulla Anti-Aggressionstrainings mit straffällig gewordenen Jugendlichen durchführt, geht’s schon mal ans Eingemachte – nicht nur für ihn selbst. So sollen etwa notorische Schläger auf Bilder geliebter Personen einschlagen. So werden ihnen verloren gegangene Grenzen klargemacht. Zusätzlicher Druck aus der Gruppe tut meist sein übriges.

An diesem Samstag freilich nicht. Alle Kinder und Jugendlichen gehen aufs Gymnasium. Keiner von ihnen hat schon einmal jemanden „abgezogen“. Trotzdem ist auch hier Präventivarbeit wichtig. „Als wir gestern Gewalt anhand von Beispielen klargemacht haben, ging es unter anderem darum, seinen Partner gegen dessen Willen zu küssen. Für zwei Jugendliche, einen Jungen und auch ein Mädchen, war das in Ordnung.“

Solche Einstellungen können Gewalt in der Ehe Vorschub leisten. „Es reicht ja schon, in der Schule jemanden dadurch auszugrenzen, in dem man nicht mit ihm zusammenarbeiten will“, führt der Benedikt Schneppe (13) als weiteres Beispiel für gewalttätiges Verhalten an. „Dieses Training hilft auf jeden Fall, Unsicherheit in bestimmten Situationen zu überwinden“, so die 17-jährige Marie Albersmann. „Und es hilft einem, sich selbst dabei zu beobachten, wie man auf andere reagiert“, ergänzt Lennart Reich (15).