Hamburg/Köln (dpa/tmn). Der 911er ist für viele ein Traum - und ein teurer noch dazu. Umso mehr lohnt sich ein Blick auf den Gebrauchtwagenmarkt. Doch auch hier kann der Kauf ins Geld gehen.

«Eine Garage ohne Porsche 911 ist doch ein ödes, leeres Loch», sagte einst Walter Röhrl. Die Rallye-Ikone spricht damit vielen Autofans aus der Seele.

Form, Technik und Motorsport sind die Säulen, auf denen der Mythos Porsche und speziell der Mythos des Elfers basiert. «Der 911 war jahrelang ein reiner Sportwagen eines Sportwagenherstellers, ähnlich wie bei Ferrari, und kein sportliches Auto eines Mischwagenkonzerns wie BMW oder Mercedes», sagt Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Analytics. «Dadurch entstand dieser Mythos.»

Der Elfer gilt so seit Jahrzehnten als Inbegriff des Sportwagens und ist für viele Autofahrer ein Traumauto. Da Neue weit mehr als 100.000 Euro kosten, wählen viele Fans mit schmalerem Geldbeutel einen Gebrauchten. Richtig günstig muss auch das nicht unbedingt werden.

Die Faszination Porsche

Porsche setzte ab 1948 jahrelang auf die Ein-Modell-Strategie: zuerst der 356, später der 911. Nebenbei entstanden Rennwagen. Erst 1969 mit dem 914 unter der Marke VW-Porsche rollte eine zweite Modellreihe an den Start.

Bei Porsche bilden Design und der Sechszylinder-Boxer eine einzigartige Kombination. «Diese Kombination gab es vorher nicht und stellt für viele Fans immer noch das Nonplusultra der Sportwagen da», sagt Frank Wilke.

Weil er sich in den vergangenen fast 60 Jahren im Kern treu geblieben ist, gehört der Elfer auch für Henning Hinze zu den beliebten Sportwagen. «Der 911 ist technisch mit der Zeit gegangen, besitzt aber immer noch die Faszination von früher. Er fährt sich sportlich, ist aber alltagstauglich», sagt der Redaktionsleiter von «Auto Bild Klassik».

Wummern und Sägen auf all Deinen Wegen

Mit dem Sechszylinder-Boxermotor im Heck bietet der 911er ein einmaliges Motorenkonzept und Fahrverhalten. Ein 911 passe immer und sei in jeder Situation zweckmäßig, sagt Hinze. «Mit dem Elfer lässt es sich langsam in der Stadt und schnell auf Passstraßen fahren. Wenn hinter den Passagieren der Motor anfängt zu wummern und zu sägen, ist das ein besonderes Erlebnis.»

Zudem sei der 911 akzeptiert und sozialverträglich. Heißt: Im Gegensatz zu einem Ferrari oder Lamborghini fällt ein Porsche im Straßenverkehr kaum auf.

Günstig wird es nicht

Das alles hat seinen Preis: Porsche fahren war noch nie günstig und wird es auch nicht werden. Bei luftgekühlten 911ern bieten sich laut Hinze Modelle der G-Serie zwischen 1973 und 1989 an, speziell die Modelle der späten 1970er und frühen 1980er mit 2,7- und 3,0-Liter-Boxermotor.

Die frühe F-Serie (1963 bis 1973) sei hingegen puristisch, teuer und empfindlich. Der spätere Typ 964 (1989-1994) sei in der Wartung sehr teuer. Der letzte luftgekühlte Boxer, der Typ 993 (1993-1998), war noch nie günstig.

Den preiswertesten Einstieg in die Welt des 911ers bietet aktuell das intern als 996 bezeichnete Modell. Das kam vor 25 Jahren erstmals auf den Markt. Den ersten wassergekühlten Serien-Sechszylinder-Boxermotor verpönten eiserne Porsche-Fans zwar anfangs, mittlerweile ist der Typ aber akzeptiert.

«Auch wenn der Wechsel von Luft- auf Wasserkühlung für eiserne Porsche-Fans den Untergang des Abendlandes darstellte und die Spiegel-Eier-Scheinwerfer kritisiert wurden, bietet der 996 heute noch ein sportliches und komfortables Fahrverhalten», sagt Frank Wilke.

Die Talsohle beim 996 ist durchschritten

Modelle ab dem Facelift (Baujahr 2001) sind laut Hinze alltagstauglich und bieten «viel Porsche fürs Geld». Gepflegte gebe es für unter 25.000 Euro. Modelle mit Automatik seien günstiger, weil weniger gefragt. Allerdings sei die Wandlerautomatik weniger agil.

Nach dem Erreichen der Talsohle vor acht Jahren steigen die Preise für 996er allerdings leicht an. Gut erhaltene Modelle (Note 2) sind nach Berechnung von Classic Analytics rund 27.000 Euro wert.

Für wertbeständig hält Frank Wilke beim 996 ein Carrera Coupé, weil nur das die ursprüngliche 911er Form biete. Mit einem manuellen Getriebe, konventionellen, unauffälligen Lackierungen und einer schwarzen Innenausstattung ließe sich ein 996 bei Nichtgefallen einfach wieder verkaufen.

«Auch wenn der 996 der günstigste 911 ist, heißt es nicht, dass er preiswert ist. Ersatzteile und Reparaturen können bei dem Modell richtig ins Geld gehen, weil die Reparaturen aufwendig sind», sagt Wilke. Henning Hinze rät daher beim Kauf zum teureren, weil besseren Auto. Die günstigsten 20 Prozent der Fahrzeuge seien häufig in einem schlechten Zustand. «Es gibt bei Porsche keine Schnäppchen mehr, alle Autos werden gesucht und der Markt ist seit Jahren transparent», sagt er. «Zeitdruck müssen sich Käufer nicht machen.»

Genügend Geld für Reparaturen parat haben

Der Preisabstand zwischen einem guten und einem besseren Auto sei gering. «Bei einem preiswerten Auto kann das vorher gesparte Geld schnell in die Reparatur fließen - und nur für die Hälfte der Kosten reichen», sagt Hinze.

Als grobe Faustformel nennt er, dass alles mindestens 1000 Euro kostet - egal, ob Bremse, Reifen, Federn oder die Heizung defekt sind. Eine Motorrevision mit Ausbau koste mindestens 15.000 Euro.

Es muss nicht immer ein Elfer sein

«Wer nicht auf vier Sitze angewiesen ist, kann auch Cayman oder Boxster wählen», sagt Hinze. Bis zur Sitzschiene sind es identische Fahrzeuge zum 996. «Die Modelle bieten Sechszylinder und Fahrspaß, kosten aber in der Anschaffung und in der Wartung weniger als ein 911», sagt er. Die Modelle 924, 944 und 968 seien zwar auch tolle Sportwagen, bieten aber wegen ihres Frontmotors und Hinterradantriebs ein ganz anderes Fahrverhalten als ein 911er. Und Interessenten, die die klassische 911-Form haben möchten, kommen am 996 nicht vorbei.

Porsche-Fans, die ein quirliges Auto wünschen, sind mit Boxster (986) und Cayman (987c) besser bedient. Der Wert von gepflegten Fahrzeugen mit Zustand 2 liegt bei rund 14.500 Euro (Boxster) und 23.000 Euro (Cayman).

Gebrauchter Sportler oder Normalo? Immer genau hingucken

Die Wartung ist bei gebrauchten Modellen besonders wichtig - auch wegen der hohen Reparaturkosten. Bei umfangreichen Reparaturen sollte ein Nachweis eines Experten in Form von Fotos und Rechnung vorliegen.

Ein ausgefülltes Scheckheft muss ebenso vorhanden sein wie eine gut dokumentierte Historie. Dabei müssen Wartungs- und Reparaturarbeiten nicht zwangsläufig bei einem Porsche-Zentrum durchgeführt worden sein. «In den meisten Städten gibt es Spezialisten für ältere Porsche-Modelle, die häufig mehr Expertise besitzen», sagt Henning Hinze. Deren Stundenlöhne liegen außerdem unter denen eines Porsche-Zentrums.

Thorsten Rechtien sieht bei einer Besichtigung eines gebrauchten Sportwagens generell keinen großen Unterschied zu anderen Fahrzeuggattungen. «Wenn aber ein Sportwagen wie ein Sportwagen bewegt wird, also mehr sportlich und häufig unter Volllast, sollten Interessenten Verschleißteile genau untersuchen», sagt der Fachmann vom Tüv Rheinland.

So werden Reifen, Bremsen, Spurstangenköpfe, Lenker oder Dämpfer bei schneller Fahrt stärker beansprucht und verschleißen schneller. Auch Motor, Getriebe, Achsen und Differentiale können bei extremer Fahrt verschleißen und ölundicht werden. Wer selbst kein Experte sei, sollte sich bei der Besichtigung daher unbedingt einen mitnehmen, der etwas von Sportwagen und seinen Eigenheiten versteht.

Vorsicht bei Veränderungen

Bei technischen Veränderungen an Fahrwerk, Auspuff oder Rad-Reifen-Kombination müssen diese entweder in den Fahrzeugpapieren eingetragen sein oder es muss eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) für die Bauteile vorliegen.

Ein ausgefülltes Scheckheft sei zwar für eine Hauptuntersuchung (HU) irrelevant. Es sei aber ein Indiz dafür, dass ein Besitzer sein Fahrzeug pflegt und dass das Auto neben der gesetzlichen HU-Prüfung auch regelmäßig nach erweiterten Herstellervorgaben geprüft und gewartet werde, so Rechtien. Damit der Porsche nicht nur eine dunkle Garage füllt, sondern auch zuverlässig bewegt werden kann.

© dpa-infocom, dpa:220627-99-821220/4 (Von Fabian Hoberg, dpa)