Hamburg. Zu Saisonbeginn wollte der VfL den Torjäger zurück in den Pott holen. Nun kehrt der verlorene Sohn am Freitag mit dem HSV zurück.

Am Ende ging alles ganz schnell. Hier ein paar nette Worte an die Fans des VfL Bochum zum Abschied. Wenige Stunden später dort ein paar nette Worte per Videobotschaft an die Anhänger des VfB Stuttgart. Kein Blumenstrauß, keine Tränen, keine stehenden Ovationen.

 Dafür ein Satz, der die Bochumer Fanseele mitten ins Herz traf: „Ich wollte unbedingt zum VfB wechseln“, sagte Simon Terodde, als am 14. Juni 2016 alle Verträge unterzeichnet waren, der Medizincheck absolviert. „Der VfB will schnellstmöglich zurück in die Bundesliga, ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.“

Zwei überragende Spielzeiten im Pott

Fußballprofialltag. Knapp fünf Jahre ist das alles her. Nach zwei überragenden Spielzeiten im Pott wechselte der Bochumer Fan-Liebling 2016 nach Stuttgart, stieg zunächst mit dem VfB auf, später mit dem 1. FC Köln – und nun will Terodde auch noch mit dem HSV hoch. Doch der größte Brocken, der auf dem erneuten Weg in die Bundesliga für den HSV und Torjäger Terodde noch dazwischenliegt, heißt ausgerechnet: Bochum.

Patrick Fabian, Ur-Bochumer und seit der gemeinsamen Zeit beim VfL eng mit Terodde befreundet, freut sich auf das Topspiel des Ersten gegen den Dritten. „Simon und ich sind konstant wöchentlich im Austausch“, sagt Fabian, der seit seinem Karriereende im vergangenen Sommer als Assistent der Geschäftsführung beim VfL arbeitet. „Wir quatschen eigentlich über alles, natürlich vor allem über Fußball“, sagt Fabian.

Reise in die Vergangenheit

Der Fußball steht auch an diesem Freitag im Mittelpunkt, wenn Terodde sich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben muss, in der es mitunter um seine Zukunft gehen wird. „Tief im Westen“ hatte er 41 Tore in 66 Zweitligaspielen erzielt. „Fußballerisch gibt und gab es nie Zweifel an Simon“, sagt Fabian, dessen Worte statistisch gut belegt sind.

2015 wurde Terodde zweitbester Zweitligatorjäger, 2016 holte er sich mit 25 Saisontoren seine erste (von bislang drei) Torjägerkanonen. Erst kürzlich schwärmte der Ausnahmestürmer im Sport1-Podcast „Lieber Fußball“ von der Vereinstreue von Bayerns Thomas Müller und Dortmunds Marco Reus und gab zu: „Ich hätte auch am liebsten zehn Jahre beim VfL Bochum gespielt.“

Bochums Geschäftsführer hat mehrfach das Gespräch mit Terodde gesucht

Tatsächlich hat auch nicht viel gefehlt, dass nach den beiden Jahren zwischen 2014 und 2016 ab dem vergangenen Sommer noch weitere VfL-Jahre hinzugekommen wären. Denn nachdem klar war, dass der 1. FC Köln Terodde vor der laufenden Saison ziehen lassen würde, hat Bochums Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz nach eigener Aussage mehrfach das Gespräch mit Terodde gesucht – und den Kampf um eine Verpflichtung des verlorenen Sohns am Ende nur knapp gegen den HSV verloren.

„Ich habe einfach das Gefühl, dass ich hier sehr gut hinpasse“, ließ sich der Familienvater nach dem feststehenden Wechsel auf der HSV-Homepage zitieren – und traf damit ein weiteres Mal mitten ins Herz der Bochumer Fans.

Als Stürmer wird man an Toren gemessen

Mitten ins Tor, auch ins VfL-Tor, will Terodde nur zu gerne am Freitagabend treffen. Keiner weiß so gut wie er, dass man als Stürmer in erster Linie an Toren gemessen wird. Obwohl der gebürtige Westmünsterländer aus Bocholt auch in dieser Saison mit bereits 20 Treffern auf dem besten Weg ist, sich die vierte Torjägerkanone der Zweiten Liga zu sichern, wurde noch vor dem Montagsspiel gegen Holstein Kiel über Ladehemmungen beim Stürmer gefachsimpelt. „Bild“ und „Mopo“ hatten gar die Minuten gezählt, seitdem Terodde vor seinem Treffer zum 1:1 gegen Kiel nicht mehr getroffen hatte: 353 Minuten sind da am Ende zusammengekommen.

In 66 Zweitligaspielen für den VfL
Bochum erzielte
Torjäger Simon
Terodde (33) 41
Treffer. Einmal
wurde er Zweiter
der Torschützenliste, einmal sicherte
er sich die Torjägerkanone.
In 66 Zweitligaspielen für den VfL Bochum erzielte Torjäger Simon Terodde (33) 41 Treffer. Einmal wurde er Zweiter der Torschützenliste, einmal sicherte er sich die Torjägerkanone. © Witters | Unbekannt

„Simon hat gezeigt, dass er sich nicht aus der Ruhe bringen lässt“, sagte Trainer Daniel Thioune kurz vor Mitternacht, als er in der Nacht zum Dienstag zum ersten Spitzenspiel dieser Woche befragt wurde. Spitzenspiel Nummer zwei beim Spitzenreiter wird am Freitag folgen, mit Terodde in bestechender Form – und Fabian als interessiertem Zuschauer. „Ich habe seinen Weg immer weiter verfolgt“, sagt Fabian. „Ich halte noch immer sehr, sehr viel von Simon als Mensch und als Stürmer sowieso.“

Der HSV weiß, was er an Terodde hat

Das tut auch Sportdirektor Michael Mutzel, der am Morgen nach dem Kiel-Spiel erklärt, dass nach drei Spielen ohne Terodde-Tore in der vergangenen Trainingswoche ganz explizit am Spiel mit dem Torjäger gefeilt wurde. „Wir haben in den vergangenen Wochen den zentralen Stürmer nicht so in Szene gesetzt“, sagt Mutzel. „Wenn Simon mehrere Chancen bekommt, dann macht er eben auch mal einen.“

Beim HSV weiß man ganz genau, was man an Terodde hat – aber auch, was man möglicherweise nicht an ihm hat. So zufrieden die Verantwortlichen mit dem Torjäger auch sind, der größtenteils noch immer vom 1. FC Köln bezahlt wird, so unklar bleibt seine Zukunft. Ein weiteres gemeinsames Jahr in der Zweiten Liga wird es wohl nicht geben. Doch selbst wenn der HSV aufsteigen sollte, scheint eine gemeinsame Zukunft in der Bundesliga fraglich.

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Die Frage ist, ob Terodde sich eine Fortsetzung beim HSV vorstellen könnte, wenn der Club im Falle des Aufstiegs einen neuen Stürmer holen würde, der mit dem Torjäger auf Augenhöhe um einen Stammplatz kämpfen würde.

Aktuell ist Terodde ohne Wenn und Aber gesetzt. Doch nach einem möglichen Bundesliga-Aufstieg bräuchte der HSV auch eine schnellere und jüngere Alternative, die das rasante Umschaltspiel eines typischen Aufsteigers beherrscht. Nachdem es intern lange Zeit hieß, dass man im Frühjahr mit Terodde das Gespräch über die Zukunft suchen möchte, will man sich nun bis zum Saisonende Zeit lassen.

„Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser, als man glaubt“, wird Herbert Grönemeyer auch am Freitag um kurz nach 18 Uhr wieder singen – und Terodde sowie Kumpel Fabian werden genau zuhören. „Bochum, ich komm aus dir. Bochum, ich häng an dir. Glück auf, Bochum.“