Essen/Düsseldorf. Oft nicht bemerkt und deshalb so gefährlich: Hypertonie führt zu Schlaganfall, Herzinfarkt, Nierenversagen oder Verlust der Sehfähigkeit. Laut Experten sind bis zu 35 Millionen Deutsche betroffen. Die Werte sollten regemäßig gemessen werden. Schwindel oder ein roter Kopf sind keine sicheren Hinweise.

Bluthochdruck ist ein tückischer, weil stiller Killer: Er wird zu wenig beachtet und oft nicht richtig behandelt. Laut der Hochdruckliga sind bis zu 35 Millionen Deutsche betroffen – und es war 2013 die häufigste Diagnose, die bei den rund 2,9 Millionen Versicherten der AOK Rheinland/Hamburg gestellt wurde: 781 470 von ihnen sind demnach sogenannte Hypertoniker. Viele spüren den hohen Blutdruck allerdings nicht.

Warum steigt der Blutdruck?

Wenn das Blut unter zu hohem Druck durch das Gefäßsystem des Körpers strömt, sprechen Experten von Bluthochdruck. „Bei 90 bis 95 Prozent der Patienten ist das eine eigenständige Erkrankung“, sagt der Düsseldorfer Kardiologe Prof. Mark Lankisch. Man kann dafür erblich veranlagt sein – ebenso spielt das Alter eine Rolle. Allerdings sind auch junge Menschen betroffen. „Übergewicht, Rauchen, die Antibabypille und laut neuen Studien auch Feinstaub in der Luft“, zählt Prof. Andreas Kribben, Direktor der Klinik für Nierenkrankheiten an der Uniklinik Essen, weitere Risiken auf. Bluthochdruck kann Folge von Nierenkrankheiten oder Atempausen im Schlaf (Schlafapnoe) sein, auch eine erhöhte Hormonproduktion kann dahinter stehen.

Wie kann ich Hochdruck erkennen?

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Schwindel, Kopfschmerz oder ein roter Kopf sind keine sicheren Hinweise. „Die Blutdruckwerte regelmäßig in Ruhe zu messen ist das A und O – beim Betriebs- oder Hausarzt, auch Apotheken bieten es als Service an“, rät Andreas Kribben. Wer selbst die Manschette am Oberarm anlegen wolle, solle auf das Prüfsiegel der Hochdruckliga (siehe Infokasten) am Gerät achten. Werden bei verschiedenen Gelegenheiten mehrfach Werte über 140 (systolisch, oberer Wert) und/oder über 90 (diastolisch, unterer Wert) mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) festgestellt, sprechen Ärzte von einer Hypertonie (Bluthochdruck). Ob die Nieren dabei eine Rolle spielen, lässt sich mithilfe eines Teststreifens feststellen, der in den Urin gehalten wird – dies ist Kribben zufolge keine Routineuntersuchung, sie sollte eingefordert werden.

Wie kann ich vorbeugen?

Die Experten sind sich einig: Auf einen gesunden Lebensstil zu achten ist die einzige Möglichkeit, Bluthochdruck vorzubeugen oder ihn auszubremsen. Die Zutaten sind bekannt: Gewicht halten (mit viel Gemüse und wenig Kochsalz im Essen), wenig Alkohol trinken, sich viel bewegen und nicht rauchen.

Was ist die größte Gefahr, die dadurch entsteht?

Stehen Herz, Herzkranzgefäße, Hirn, Nieren und Blutgefäße über Jahre unter Druck, dann tragen sie Schäden davon: Ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall können die Folge sein, ebenso das Versagen der Nieren oder der Verlust der Sehfähigkeit. Verhindern lässt sich dies nur, indem der Bluthochdruck auf Dauer behandelt wird.

Was tun, wenn mein Blutdruck zu hoch ist?

„Ist der hohe Druck die Folge einer Nierenkrankheit oder von Störungen im Hormonhaushalt, so müssen erst einmal diese behandelt werden“, erklärt Andreas Kribben. Auch hohe Blutfette oder ein Diabetes sollten dabei in den Blick genommen werden, weil sie häufig begleitend auftreten. Wer nicht allzu viel Medikamente nehmen möchte, sollte spätestens jetzt damit beginnen, gesünder zu leben. „Ein Kilo abzunehmen bedeutet, dass der obere Blutdruckwert um zwei Millimeter zurückgeht – das heißt für Gewichtige, dass sie zwei bis drei Tabletten weglassen können, wenn sie 15 Kilo verlieren“, so Mark Lankisch. Andreas Kribben rät, kontinuierlich Ausdauersport wie Laufen oder Schwimmen zu machen.

Warum müssen Patienten in vielen Fällen mehrere Medikamente nehmen?

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„Die fünf wichtigsten Klassen von Blutdruckmedikamenten sind ACE-Hemmer, Sartane, Diuretika (Entwässerungstabletten), Calciumantagonisten und Betablocker“, erklärt Herzspezialist Lankisch. „Wir stellen uns aber nicht mehr die Frage, welches einzelne Medikament das richtige ist, sondern verordnen in der Regel eine Kombination verschiedener, niedriger dosierter Medikamente, um die beste Wirkung zu erzielen“, ergänzt Nierenexperte Kribben. „Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel sind eher vorübergehend – es ist wichtig, die Arzneien regelmäßig zu nehmen.“ Die Zusammenstellung unterscheide sich, je nach Alter des Patienten oder, an welchen weiteren Erkrankungen der Betroffene leidet. „Insgesamt werden heute eher Calciumantagonisten als Betablocker verschrieben“, so Lankisch. Alle zwei Jahre gelte es, die Kombination zu überprüfen – denn mit dem Alter werden die Gefäße weniger elastisch und die Medikamentendosis kann sich deshalb steigern.

Wie verhalte ich mich, wenn der Blutdruck schwer einzustellen ist oder entgleist?

„Verändern sich die Werte nur leicht, wenn man mehrfach misst, dann reicht es oft, die üblichen Medikamenten früher oder eine Tablette mehr zu nehmen“, führt Andreas Kribben aus. „Springt“ der Blutdruck und fühlt sich der Patient elend, rät der Experte, ins Krankenhaus zu fahren oder den ärztlichen Notdienst zu verständigen. Nur sehr wenigen schwer Kranken, deren Blutdruck sich schwer einstellen lasse, könne durch eine Verödung der Nerven an den Nierenarterien oder durch einen Schrittmacher an der Halsschlagader geholfen werden. Andreas Kribben: „Hierzu sollte man sich in einem zertifizierten Hypertonie-Zentrum wie etwa der Uniklinik Essen beraten lassen.“