München. Allein in der ersten Jahrehälfte 2013 mussten bundesweit rund 150 Apotheken schließen. Und die Konkurrenz lauert nicht mehr nur im Internet, ab 2014 startet eine Kette ihre Container-Apotheken auf Parkplätzen großer Verbrauchermärkte. Viele Apotheken versuchen daher, mit anderen Artikeln mehr Kunden zu locken.
Darf's ein bisschen mehr sein? Viele Apotheken in Deutschland entwickeln sich vom sterilen Medikamenten-Versorger zum Wohlfühlcenter. Mit Gesundheitsberatung und größeren Verkaufsflächen für Kosmetik, Tee oder Bonbons hoffen sie auf neue Einnahmequellen.
Die Apotheker in Deutschland sind auf der Suche nach einem gesunden Geschäftsmodell. Rein rechnerisch schließt fast jeden Tag eine Apotheke für immer ihre Türen, weil sich das Geschäft nicht mehr lohnt oder ein Nachfolger fehlt. Rund 150 Apotheken waren es allein in der ersten Jahreshälfte 2013. "Diese Branche macht einfach keinen Spaß mehr", sagt Peter Sandmann, der zusammen mit seiner Frau sieben Apotheken in München betreibt. Da das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten nicht mehr viel Geld abwirft, setzt das Apothekerpaar vor allem auf zusätzliche Gesundheitsangebote und Kosmetik - und liegt damit voll im Trend.
Viele Apotheken haben ihre Verkaufsflächen deutlich ausgeweitet, um mehr Platz für Blutdruckmessgeräte, Knieschoner, Aloe-Vera-Masken oder Saft-Gummibärchen zu haben. Im vergangenen Jahr brachte ihnen dieses Zusatzsortiment nach Angaben der Bundesvereinigung der Apothekerverbände rund 2,3 Milliarden Euro ein - ein Umsatzanteil von 5,4 Prozent.
Die Konkurrenz lauert überall
Besonders stark zugenommen hat das Angebot an Kosmetik-Artikeln. Apotheker Sandmann macht damit inzwischen rund sechs bis sieben Prozent seines Umsatzes. "Das ist ein schönes Zubrot." Für ihn sind die Zusatzangebote aber nicht nur eine Einnahmequelle, sondern auch entscheidend für die Kundenbindung.
Denn die Konkurrenz für die Apotheker lauert nicht nur im Internet, sondern bald auch auf Parkplätzen: Der Dienstleister Easy Apotheke startet im kommenden Jahr mit Apotheken in Containern auf Parkplätzen großer Verbrauchermärkte. Vorstandschef Lars Horstmann kündigte im September in der "Wirtschaftswoche" an, jedes Jahr 10 bis 20 solcher Module eröffnen zu wollen. Die erste Parkplatz-Apotheke soll Anfang 2014 im Raum Düsseldorf starten. Der große Vorteil eines Containers ist aus seiner Sicht die Mobilität: Sollte der Standort nicht laufen, könnten die Partner die Apotheke abbauen und an einem anderen Standort neu errichten.
Zusätzliche Beratungsleistungen für Patienten
Etliche alteingesessene Apotheken halten dem Wettbewerb nicht stand. "Immer mehr Apotheken kämpfen um ihr Überleben", warnt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Seit 2008 ging die Zahl der Apotheken bereits um mehr als 800 auf 20.770 zurück.
Ein Rezept für die Zukunft sieht der Verband in zusätzlichen Beratungsleistungen für die Patienten. Diesen Weg hat auch Apotheker Sandmann eingeschlagen. Chronisch Kranken oder älteren Patienten bietet er für eine Pauschalgebühr an, verschiedene Tabletten in maßgeschneiderte Blister-Packungen zu füllen, damit sie zu allen Tageszeiten den Überblick behalten. "Das ist ein zukunftsträchtiges Geschäft." Um bei Cremes nicht nur auf große Handelsmarken angewiesen zu sein, greift er auch selbst zum Mörser und rührt Brust- oder Nasenbalsam wie zu Opas Zeiten selbst an. "Das stellt natürlich Anforderungen an die Apotheker."
Gewinnspanne geht weiter in den Keller
Die Einnahmen mit rezeptpflichtigen Medikamenten bringen ihm hingegen nicht viel. Der Fixzuschlag, den Apotheker für jedes rezeptpflichtige Medikament erhalten, liegt derzeit bei 8,35 Euro. "Wenn drei Medikamente für 50.000 Euro drauf stehen, verdiene ich daran vielleicht 25 Euro", sagte Sandmann. Die Gewinnspanne sei immer weiter in den Keller gegangen.
Als zusätzliche Vergütung erhalten die Apotheker nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aber auch noch drei Prozent vom Apothekenverkaufspreis - im gewählten Beispiel von Sandmann wären dies 1500 Euro.
Sandmann ist zwar selbst in einer Apothekerfamilie groß geworden. Der nächsten Generation würde er den Beruf aber nicht unbedingt empfehlen: "Ich würde mir gut überlegen, ob ich das noch einmal machen würde." (dpa)