Hamm. Ein 39-Jähriger aus Schwerte forderte von seinem Arzt 100.000 Euro Schadenersatz. Der hatte bei der Behandlung des Patienten nicht erkannt, dass der Mann an der Schweinegrippe erkrankt war. Nun wurde die Klage abgewiesen. Der Arzt habe getan, was er tun konnte, befand das Gericht.
Es versteckt sich hinter dem komplizierten Begriff "Influenza-A-Virus H1N1". Besser bekannt ist das Virus unter dem Namen Schweinegrippe. Im Herbst und Winter des Jahres 2009 breitete sich der Erreger bundesweit aus. In dieser Zeit ging auch ein damals 39 Jahre alter Mann aus Schwerte zum Arzt. Er hatte mit hohem Fieber und Husten zu kämpfen.
Sein Arzt diagnostizierte eine Atemwegsinfektion sowie eine akute Bronchitis. Erst später erwies sich die Diagnose als falsch. Der Patient war an Schweinegrippe erkrankt, wurde anschließend monatelang im Krankenhaus behandelt. Seine Klage auf 100.000 Euro Schadenersatz wurde nun allerdings vom Oberlandesgericht in Hamm abgewiesen. Zuvor hatte bereits das Landgericht Hagen so entschieden.
Krankheit kann rasanten Verlauf nehmen
"Nach Auffassung des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Hamm hat der Arzt alles getan, was er zum jeweiligen Zeitpunkt tun konnte", erklärt Christian Nubbemeyer, Sprecher des OLG-Hamm. Symptome eines grippalen Infekts könnten sich innerhalb weniger Tage rasant verschlimmern. Deshalb habe der Arzt die Krankheit auch nicht sofort erkennen können.
Ähnliche Falle hat auch Walter Popp, der bei der Uni-Klinik Essen für die Krankenhaushygiene zuständig ist, bereits beobachtet: "Wir hatten mal den Fall eines 18-Jährigen, dem es morgens schlecht ging. Er kam nicht aus dem Bett, weswegen seine Mutter den Notarzt gerufen hat. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert, war aber trotzdem schon wenige Stunden später tot."
Der 39-jährige Schwerter hatte nach seiner Diagnose lange mit den Folgen zu kämpfen. Nachdem der Arzt beim ersten Besuch des Patienten die Schweinegrippe nicht erkannt hatte, besuchte der 39-Jährige den Allgemeinmediziner erneut und bekam diesmal ein Antibiotikum. Trotzdem ging er später in ein Krankenhaus, wo ihm diesmal eine Lungenentzündung diagnostiziert wurde. Gegen den Rat der Krankenhausärzte verließ er das Hospital, um am nächsten Tag erneut den Allgemeinmediziner aufzusuchen.
Mehrere Wochen künstliche Beatmung
Erst am Abend nach diesem Besuch begab sich der 39-Jährige in ein anderes Krankenhaus. Dort entdeckten die Ärzte schließlich seine Schweinegrippe. Doch die Krankheit war bereits so weit fortgeschritten, dass eine wochenlange künstliche Beatmung nötig wurde. Insgesamt verbrachte der 39-Jährige mehrere Monate in Krankenhäusern oder Reha-Behandlungen, um die Krankheit zu besiegen.
Anspruch auf Schadensersatz hat er aber trotzdem nicht. Der Arzt habe seinem Patienten keine schädliche Medikamente verschrieben, heißt in einer Mitteilung des Gerichts. Außerdem habe sich der Zustand des Patienten erst kurz vor seinem letzten Krankenhausbesuch dramatisch verschlechtert. Noch ist der Fall aber nicht endgültig geklärt. Der 39-Jährige kann noch einen Revisionsantrag beim Bundesgerichtshof stellen.