Berlin. Deutschlands Ärzte operieren so oft wie nie zuvor - das zeigt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im internationalen Vergleich liegen die deutschen Mediziner damit vorne. Krankenkassen warnen vor unnötigen Eingriffen. Die Kliniken weisen das von sich.

Deutschlands Patienten werden im internationalen Vergleich so oft im Krankenhaus
behandelt wie in fast keinem anderen Industrieland. Vorallem Behandlungen wegen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das Einsetzen künstlicher Hüften kommen pro
Einwohner so oft vor wie nirgends sonst.

Das geht aus einer Erhebung der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in
Berlin vorliegt. Auch bei Krebsbehandlungen und dem Einsetzen künstlicher Knie ist Deutschland wie
in vielen anderen Bereichen in der Spitzengruppe.

Nur in Österreich
mehr Klinikbehandlungen pro Kopf

Die OECD-Erhebung dient als Vorlage für
eine Konferenz zur Entwicklung der Behandlungszahlen in Krankenhäusern mit
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) am Donnerstag in Berlin. Nur in Österreich
gibt es demnach noch mehr Klinikbehandlungen pro Kopf.

Die AOK warnte, dass dort, wo es besonders lukrativ sei, am ehesten
unnötig operiert werde. "Zunehmend berichten auch Patienten über ihre
Unzufriedenheit und Erfahrungen mit fragwürdigen Eingriffen", sagte der
geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbands, Uwe Deh, der dpa. "Zwischen
den Krankenhäusern herrscht außerordentliche Konkurrenz." Das dürfe nicht auf
dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.

Bahr aber löse keine strukturellen Probleme. "Nach der Bundestagswahl
müssen Bund und Länder zu einer grundlegenden Krankenhausreform kommen",
forderte Deh. Viele Kliniken seien auch wenig erfolgreich in der Behandlung.
"Unsere Qualitätsmessungen zeigen, dass rund 20 Prozent der Kliniken schlecht
abschneiden."

Krankenhäuser zweifeln Aussagekraft der Studie an

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warf Deh vor, in
beschämender Weise an den Leistungen der Ärzte und Pflegekräfte in der
stationären Patientenversorgung herum zu nörgeln. Die Krankenkassen wollten ihren
Überschuss in Höhe von rund 30 Milliarden Euro horten, sagte DKG-Präsident
Alfred Dänzer der dpa. "Die Krankenhausausgaben sind gemessen an den
Gesundheitsausgaben in Deutschland über die Jahre konstant geblieben."

Zugleich wird bei den Krankenhäusern die Aussagekraft der OECD-Erhebung für die Konferenz mit Bahr in Zweifel
gezogen. So weise Deutschland trotz seines Spitzenplatzes im Niveau der
Versorgung nur durchschnittliche Kosten auf, wenn man diese am Anteil der
Krankenhausausgaben am Bruttoinlandsprodukt messe, heißt es in Kreisen der
DKG. (dpa)