Der Winter naht und mit ihm auch die alljährliche Grippesaison. Für viele stellt sich daher jetzt die Frage, ob sie sich gegen die Influenza impfen lassen sollen - und was eine solche Immunisierung eigentlich bringt.

Berlin/Langen (dapd). Der Winter naht und mit ihm auch die alljährliche Grippesaison. Für viele stellt sich daher jetzt die Frage, ob sie sich gegen die Influenza impfen lassen sollen - und was eine solche Immunisierung eigentlich bringt.

Die meisten Menschen merken vermutlich gar nicht, dass sie eine Grippe durchmachen und keine normale Erkältung. Denn die Symptome - Fieber, Husten und Kopfschmerzen - sind häufig sehr ähnlich.

Ist aber das Immunsystem geschwächt, wie oft bei älteren Menschen und vielen chronisch Kranken, könne sich die Infektion mit den Influenza-Viren deutlich schwerer auswirken und im Extremfall sogar tödlich enden. "Generell sollten chronisch Kranke und Ältere über 60 vor jeder Grippesaison zur Grippeschutzimpfung gehen", rät Reinhard Burger, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin. Zwar biete auch die Impfung keinen 100-prozentigen Schutz vor der Influenza. Sie bereite die Immunabwehr aber auf eine Infektion vor und trage so dazu bei, einen schweren Verlauf zu vermeiden.

Auch Schwangere reagieren empfindlicher auf das Virus und haben deshalb laut Robert Koch-Institut ein höheres Risiko für Grippe-Komplikationen. Seit 2010 empfiehlt daher die Ständige Impfkommission (STIKO) schwangeren Frauen, sich ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel impfen zu lassen. Positiver Nebeneffekt: Auch das Ungeborene im Mutterleib profitiere von diesem Schutz, denn es erhalte über die Plazenta schützende Antikörper von der Mutter.

Der günstigste Zeitpunkt für die Grippeimpfung ist nach Angaben von Burger der Oktober oder November. Die jährliche Grippewelle habe zwar in den letzten Jahren in Deutschland meist erst nach dem Jahreswechsel begonnen, dennoch sei es sinnvoll, frühzeitig vorzubeugen. Zudem dauere es bis zu zwei Wochen, bevor der schützende Effekt der Impfung vollständig ausgeprägt sei. Entgegen landläufiger Meinung sei eine leichte Erkältung kein Hinderungsgrund für eine Grippeimpfung. Nur wer eine schwere Infektion mit mehr als 38,5 Grad Celsius Fieber habe, solle den Termin verschieben.

Impfstoff bereitet Immunsystem auf Virenangriff vor

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind - bis auf eine Ausnahme - alle im Moment verfügbaren Influenza-Vakzinen sogenannte Totimpfstoffe. Diese enthalten keine lebenden Erreger, sondern bestimmte Eiweiße, wie sie normalerweise auf der Oberfläche der Influenzaviren sitzen. Sie können daher selbst keine Grippe auslösen, wohl aber eine in diesem Fall erwünschte Abwehrreaktion des Körpers. Dabei produziert das Immunsystem Antikörper, kleine Moleküle, die wie ein Schlüssel zum Schloss zu den Vireneiweißen passen. Die Antikörper lagern sich an diese Eiweiße an und machen dadurch im Ernstfall das Virus unschädlich. Bestimmte Zellen des Immunsystems merken sich die Baupläne für diese maßgeschneiderten Antikörper. Dringen dann später tatsächlich Grippeviren in den Körper ein, liegen die Baupläne schon vor und die Antikörper können schneller produziert werden. Dadurch gewinnt das Immunsystem einen Vorsprung, der ihm hilft, die Infektion sofort zu bekämpfen.

Ein in diesem Jahr erstmals eingesetzter Lebendimpfstoff funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Das als Nasenspray für Kinder und Jugendliche zugelassene Präparat enthält abgeschwächte Influenzaviren, die die schützende Abwehrreaktion des Immunsystems auslösen. Allerdings dürfe dieser Impfstoff bei bestimmten Grunderkrankungen wie einer Immunschwäche oder schwerem Asthma nicht eingesetzt werden, betont die Ständige Impfkommission in einer Stellungnahme. Auch Kinder, die Salicylsäure-haltige Mittel einnehmen, dürfen diesen Impfstoff nicht erhalten.

Nebenwirkungen sind Folgen der aktiven Abwehrreaktion

Die aktive Reaktion des Körpers auf die Impfung - egal ob mit Tot- oder Lebendimpfstoffen - erklärt auch, warum es manchmal zu Nebenwirkungen kommen kann: Rötungen um die Einstichstelle, leichtes Fieber, Müdigkeit oder Gliederschmerzen zeigen an, dass eine Abwehrreaktion im Gange ist. "Im allgemeinen klingen diese Beschwerden aber innerhalb von ein bis zwei Tagen folgenlos wieder ab", erklären die RKI-Experten. Denn der saisonale Grippe-Impfstoff sei in der Regel gut verträglich.

Einen echten Schutz bietet die Grippe-Impfung in jedem Falle nur dann, wenn die eindringenden Viren genau die Eiweiße auf ihrer Oberfläche tragen, die zuvor auch im Impfstoff enthalten waren. Da sich die Viren ständig verändern kann das jedes Jahr einen neuen Impfstoff notwendig machen. "Der saisonale Impfstoff setzt sich jedes Jahr aus Bestandteilen von drei aktuell weltweit zirkulierenden Influenza-Virustypen (A/H1N1, A/H3N2, B) zusammen", erklären Experten des für die Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts in Langen. Es sei empfehlenswert, sich in jedem Jahr neu gegen die Influenza impfen zu lassen, um gegen die jeweils verbreiteten Virentypen geschützt zu sein.

Aber auch in Jahren, in denen sich die Impfstoffzusammensetzung im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert hat, sei dies sinnvoll. "Grund ist, dass der Impfschutz nachlässt, je länger die Impfung zurückliegt und viele Geimpfte nach Ablauf eines Jahres vermutlich nicht mehr ausreichend geschützt sind", erklären die Experten.

dapd