Münster. Bereits drei bis vier Stunden Mehrarbeit pro Tag können das Risiko einer Depression massiv erhöhen. Wie aus einer Langzeitstudie hervorgeht sind dabei besonders Menschen gefährdet, die sich stark an die Leistungsgesellschaft anpassen und eine hohe Leistungsbereitschaft aufweisen.
Viel zu arbeiten, kann zur Sucht werden. Bis zu 300.000 deutsche Erwerbstätige sollen die Kontrolle über ihr Arbeitsverhalten bereits verloren haben. Jeder siebte Arbeitnehmer gilt Experten zufolge als gefährdet, eine Arbeitssucht zu entwickeln.
Auslöser sind meist massive psychische Probleme. Seelisch mündet die exzessive Vielarbeit oft in einer Depression. Anfällig sind vorallem jene, die ein stark überhöhtes Motiv nach Anerkennung haben und durch das Arbeiten unangenehme Gefühle wie innere Leere oder Einsamkeit vermeiden wollen.
Häufig handelt es sich dabei um Menschen mit Selbstzweifeln und Selbstablehnung - oft gepaart mit einer zwanghaft perfektionistischen Grundeinstellung. Viele Arbeitssüchtige haben Angst davor, zu versagen, den betrieblichen und den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Konkurrenzdruck und häufige Überstunden fördern den psychischen Druck.
Hohe Leistungsbereitschaft erhöht Anfälligkeit
Eine aktuelle britisch-finnische Langzeitstudie mit 1.626 männlichen und 497 weiblichen Angestellten britischer Behörden zeigt, dass eine regelmäßige Mehrarbeit von drei bis vier Stunden täglich das Risiko einer schweren Depression erheblich erhöht. 'In der heutigen Arbeitswelt hat sich Vielarbeit als Bedingung für Status, Anerkennung und Karrieremöglichkeit etabliert. Dementsprechend tritt Arbeitssucht häufig bei qualifizierten Tätigkeiten auf.
Besonders gefährdet sind Menschen, die sich stark an die Normen der Leistungsgesellschaft anpassen und gleichzeitig außerordentlich leistungsbereit sind. Charakteristisch ist, dass die anfänglich oft gesteigerte Leistungsfähigkeit zunehmend von einem angstbesetzten Verhältnis zur Arbeit abgelöst wird', erläutert Professor Bernhard Croissant, Chefarzt der Christoph-Dornier-Klinik in Münster. Er fordert, dass das Thema Arbeitssucht bei der betrieblichen Gesundheitsvorsorge stärker berücksichtigt wird. (mp)