Mainz. Wie Schläge mit dem Hammer fühlen sich die Kopfschmerzen von Migräne-Patienten an. Neue Mittel wie Pestwurz und Botox sollen nun dagegen helfen. Patientin Sabine Leonard steht dem jedoch skeptisch gegenüber.

Mehrmals im Monat wacht Sabine Leonard morgens auf und hat das Gefühl, jemand würde mit einem Hammer auf die rechte Seite ihres Kopfes eindreschen. "Dann weiß ich sofort: Da ist sie wieder, die Migräne", sagt die 47-Jährige aus dem rheinland-pfälzischen Mayen.

Seit ihrer Pubertät leidet die Angestellte der Stadtverwaltung unter den Attacken, die bis zu 72 Stunden andauern können. Seitdem hofft die Leiterin einer Selbsthilfegruppe auf eine Heilmethode für die Krankheit, unter der jeder zehnte Deutsche leidet.

Wie gut momentan die Chancen auf einen Durchbruch in der Forschung stehen, erläutern Wissenschaftler auf dem 57. Symposium der Migräne Liga Deutschland in Mainz.

Neue Therapieansätze

Auf der Veranstaltung sollen unter anderem neue Therapieansätze, etwa die Behandlung mit dem Nervengift Botox, thematisiert werden. "Am Anfang wurde diese Methode ja sehr angefeindet, aber in einzelnen Fällen hat sie sich inzwischen doch bewährt", sagt der Präsident der Migräne-Liga, Otto Uhl.

Patientin Leonard steht solchen Methoden mittlerweile skeptisch gegenüber. "Vor zehn Jahren wäre ich sofort in die Apotheke gerannt, heute sehe ich das nüchterner", sagt sie. Zu oft sei sie auf falsche Versprechungen reingefallen.

So löste beispielsweise die viel beschworene Pestwurz bei ihr Magenprobleme aus, der Geschmack eines neuen Medikaments brachte sie schon zu Beginn einer Attacke an den Rand des Erbrechens und auch der Yogakurs mit Leidensgenossen aus ihrer Selbsthilfegruppe brachte keinerlei Besserung. "Das alles hat nur dazu geführt, dass ich deutlich weniger Geld im Portemonnaie hatte", klagt Leonard.

Auf dem Laufenden bleiben

Dennoch hält sich die Mittvierzigerin ständig über aktuelle Forschungsergebnisse zur Migräne auf dem Laufenden. Diese ist eine neurologische Erkrankung, die mit heftigen, meist einseitigen Kopfschmerzen, Übelkeit und Überempfindlichkeit gegenüber Licht und Lärm einhergeht. Frauen sind rund dreimal häufiger betroffen als Männer. Die Ursachen für die Krankheit, die in allen sozialen Schichten und Kulturkreisen auftritt, sind nicht endgültig geklärt.

Gesichert ist aber, dass Migräne in vielen Fällen genetisch veranlagt ist. Darüber hinaus sind sich viele Forscher einig, dass die Gehirne von Migränepatienten Reize anders verarbeiten als die von gesunden Menschen. Es wird vermutet, dass die Attacken durch eine Reizüberflutung des Gehirns ausgelöst werden, die eine schmerzhafte Entzündung der Gefäße nach sich zieht.

Den Attacken vorbeugen

Durch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten soll den Attacken vorgebeugt werden. So wirken sich Studien zufolge moderate sportliche Betätigung, Entspannungstechniken und ein geregelter Tagesablauf positiv aus.

Kommt es dennoch zu einer Schmerzattacke, werden bei Erwachsenen Medikamente eingesetzt. Bei Kindern bestehe da noch Nachholbedarf, sagte Uhl. Darum soll das Thema auch auf dem Symposium beraten werden.

Trotz ihrer Krankheit kann Patientin Leonard ein halbwegs normales Leben führen. Ein Schmerz-Spezialist hat sie medikamentös eingestellt und auch das Benutzen eines sogenannten "Tens"-Gerätes zur Muskelentspannung und Akupunktur hätten bei ihr und den 32 Teilnehmern ihrer Selbsthilfegruppe gute Erfolge erzielt. Was bliebe, sei die Ungewissheit: "Vor wichtigen Terminen weiß ich nie, ob ich an dem Morgen vielleicht wieder mit diesen ungeheuren Schmerzen aufwache. Das nervt." (dapd)