Berlin. . Die Zahl der registrierten Arztfehler ist im vergangenen Jahr gestiegen. In mehr als 190 Fällen trugen die Patienten schwere Dauerschäden davon. 99 Menschen starben sogar. Die meisten Fehler passierten bei der Behandlung von Arthrosen und Brüchen.

Im vergangenen Jahr wurden mehr ärztliche Behandlungsfehler registriert. In insgesamt 2287 Fällen stellten die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern eine fehlerhafte Behandlung oder eine mangelnde Risikoaufklärung durch den Arzt fest - das waren 88 Fälle mehr als 2010, wie die Bundesärztekammer am Dienstag in Berlin mitteilte.

In 1901 Fällen wurde ein Behandlungsfehler als Ursache für einen Gesundheitsschaden bestätigt, der einen Anspruch des Patienten auf Entschädigung rechtfertigte. In 196 Fällen davon trugen die Patienten schwere Dauerschäden davon. 99 Menschen starben infolge von Behandlungsfehlern.

„Überall wo Menschen arbeiten, passieren Fehler, auch in der Medizin“

Insgesamt gingen bei den Gutachtern der Ärztekammern im vergangenen Jahr 11.107 Patientenbeschwerden zu vermuteten Behandlungsfehlern ein. Das waren nur geringfügig mehr als im Vorjahr. 7452 Anträge davon wurden weiter bearbeitet. Die häufigsten vermuteten Behandlungsfehler betrafen wie in den Vorjahren Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Brüche an Unterarm, Unterschenkel und Sprunggelenk. Die meisten Beschwerden kamen von Patienten nach Behandlungen oder Untersuchungen im Krankenhaus.

„Überall wo Menschen arbeiten, passieren Fehler, auch in der Medizin“, erklärte Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Eine völlig fehlerfreie Behandlung werde es nie geben. Es müsse aber alles dafür getan werden, das Risiko „so klein zu halten wie irgend möglich“. Crusius verwies darauf, dass die Fehlerstatistik auch genutzt werde, um Strategien zu deren Vermeidung zu entwickeln.

Patienten müssen sich durch viele Gesetzestexte kämpfen

Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern dienen bei Arzthaftungsstreits als eine unabhängige, außergerichtliche Anlaufstelle für Patienten. Sie bewerten den Angaben zufolge gut ein Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle in Deutschland. In rund 90 Prozent der Fälle werden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen laut Bundesärztekammer von beiden Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt.

Die Krankenkassen forderten rechtliche Verbesserungen für Patienten bei ärztlichen Behandlungsfehlern. Nötig sei eine „erleichterte Beweislastumkehr bei Behandlungsfehlern“, bei der Patienten nur noch belegen müssten, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und sie einen Schaden erlitten haben, sagte Gernot Kiefer, Vorstand des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Dienstag. Heute müssten sich Patienten durch viele verschiedene Gesetzestexte arbeiten, um zu ihrem Recht zu kommen.

Die Bundesregierung will die Patientenrechte mit einem neuen Gesetz stärken. Der Entwurf für das sogenannte Patientenrechtegesetz, der noch vom Parlament gebilligt werden muss, sieht unter anderem erweiterte Informationspflichten für Ärzte vor. Bei groben Behandlungsfehlern sieht das Gesetz eine Umkehr der Beweislast vor: Der Arzt muss beweisen, dass der Fehler nicht generell zu dem eingetretenen Schaden führt. Bei „einfachen“ Fehler bleibt die Beweislast weiterhin beim Patienten. (afp)