Berlin. Immer mehr Kinder benötigen laut einer neuen Studie sprachtherapeutischen Unterstützung. Aus dem Heilmittelbericht der AOK geht hervor, dass vor allem sechsjährige Jungen logopädische Betreuung in Anspruch nehmen. Auch die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spielte in dem Bericht eine Rolle.

Immer mehr Kinder benötigen beim Übergang vom Kindergarten zur Grundschule die Hilfe eines Logopäden. Etwa jeder vierte sechsjährige Junge hat 2010 sprachtherapeutische Unterstützung erhalten, wie aus dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Heilmittelbericht der AOK-Krankenkassen hervorgeht. Bei den gleichaltrigen Mädchen war es nur jedes sechste. Das entspreche einer Steigerung von 20 Prozent bei den Jungen und 30 Prozent bei den Mädchen im Vergleich zum Jahr 2006.

"Wir beobachten seit Jahren, dass mehr Kinder für eine gesunde, altersgerechte Entwicklung vorübergehend therapeutische Unterstützung brauchen" erklärte der Vize-Chef des AOK-Wissenschaftsdiensts, Helmut Schröder. Die Zahlen ließen sich möglicherweise auch damit erklären, dass immer mehr Kinder "unter schwierigen sozialen und gesundheitlichen Bedingungen aufwachsen und für die Schulfähigkeit die Hilfe von Experten benötigen".

Eine ergotherapeutische Behandlung nahmen dem AOK-Gutachten zufolge 14 Prozent der sechsjährigen Jungen, aber nur 5,6 Prozent der gleichaltrigen Mädchen wahr. Von den behandelten Jungen habe fast ein Drittel unter motorischen Entwicklungsstörungen und ein gutes Fünftel unter hyperkinetischen Störungen ("Zappelphilipp-Syndrom") gelitten.

Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit stärken

Ergotherapie zielt darauf ab, die Handlungsfähigkeit von Patienten in Lebensbereichen wie Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit zu stärken. Laut Heilmittelbericht verordneten die Ärzte im vergangenen Jahr für Patienten aller Altersgruppen fast 40 Millionen Leistungen der Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie (Fußtherapie).

Für die insgesamt 263 Millionen Einzelbehandlungen seien Kosten von 4,55 Milliarden Euro angefallen. Die Spitzenplätze mit den häufigsten Verordnungen belegten demnach Maßnahmen der Physiotherapie wie Massagen oder Krankengymnastik. Diese machten mit 34 Millionen Verordnungen 86 Prozent des gesamten Volumens im Heilmittelbereich aus.

Neben Wirbelsäulenerkrankungen (41 Prozent der Behandlungsfälle) seien es vor allem Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens, die mit physiotherapeutischen Behandlungen versorgt würden. Für den Heilmittelbericht ließ die AOK die Heilmittelverordnungen aller 70 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auswerten. (AFP)