Berlin. . Nach einem Medienbericht gibt es Überlegungen, im kommenden Jahr eine Praxisgebühr bei jedem Arztbesuch zu erheben anstatt nur einmal im Quartal. Diese Idee käme nicht aus dem Ministerium, sagte ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr.
Das Bundesgesundheitsministerium hat derzeit keine konkreten Pläne für einschneidende Änderungen bei der Praxisgebühr schon im kommenden Jahr. Überlegungen, eine Praxisgebühr pro Arztbesuch zu erheben, kämen nicht aus dem Ministerium, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) am Samstag zu einem Bericht der „Bild“-Zeitung.
Union und FDP hatten bei ihrem Regierungsantritt vor zwei Jahren im Koalitionsvertrag vereinbart, über eine Reform der Praxisgebühr zu sprechen. Die „Bild“-Zeitung berichtete am Samstag nun unter Berufung auf Koalitionskreise, Bahr wolle ab Frühjahr 2012 Alternativen zur derzeitigen Ausgestaltung prüfen. Eine Möglichkeit sei auch die Einführung einer Praxisgebühr bei jedem Arztbesuch. Bahrs Sprecher betonte indes, in der Koalition sei über die Reform der Gebühr noch nicht gesprochen worden.
Derzeit müssen alle gesetzlich versicherten Patienten ab 18 Jahren eine Praxisgebühr von zehn Euro bezahlen, wenn sie das erste Mal in einem Quartal zu einem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten gehen. Die Gebühr soll die Patienten auch von überflüssigen Arztbesuchen abhalten.
„Als Steuerungsinstrument ist die Praxisgebühr gescheitert“
Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Lars Lindemann sagte „Bild“, die jetzige Praxisgebühr habe „keinerlei steuernde Funktion“. Deshalb müssten 2012 Alternativen geprüft werden. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer sagte dem Blatt, „der Effekt, die Zahl der Arztbesuche zu dämpfen“, sei mit der jetzigen Gebühr nicht erreicht worden. Deshalb werde eine „unbürokratischere, bessere Lösung“ geprüft.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), hatte kürzlich gefordert, die Koalition müsse sich noch in der 2013 endenden Legislaturperiode mit der Praxisgebühr befassen. Diese erfülle ihre „Steuerungsfunktion offenkundig nicht ausreichend, nämlich ein Nachdenken darüber zu befördern, ob ein Arztbesuch wirklich notwendig ist“, sagte er der Wochenzeitschrift „Das Parlament“. Spahn verwies darauf, dass die Deutschen mit im Schnitt 18 Besuchen „sehr viel zum Arzt gehen“.
Der Duisburger Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sagte der „Bild“-Zeitung, fünf Euro pro Besuch machten „mehr Sinn als die jetzige Gebühr“. Der Kieler Sozialexperte Thomas Drabinski brachte sogar eine Selbstbeteiligung an den Behandlungskosten von bis zu zehn Prozent ins Gespräch. Das seien in der Regel fünf bis zehn Euro pro Arzttermin. Auch der Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, sagte, „als Steuerungsinstrument für weniger Arztbesuche ist die Praxisgebühr gescheitert“. Sie spüle aber immerhin jährlich rund 2,8 Milliarden Euro ins Gesundheitssystem. (afp)