Berlin. Um mehr Menschen zu einer Organspende zu bewegen, soll in Zukunft die Bereitschaft der Bürger zu diesem Schritt regelmäßig abgefragt werden. Die Deutsche Hospiz-Stiftung kritisiert diese Einigung von Bundesregierung und Fraktionen jedoch. Bundesweit warten rund 12.000 Patienten auf ein Spenderorgan.

Für Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, gibt es neue Hoffnung. Nach monatelangem Ringen haben Fraktionen und Bundesregierung am Donnerstag den Streit über das Organspenderecht beigelegt, wie Union und SPD mitteilten. Der Bundestag soll in der ersten Jahreshälfte 2012 entscheiden. Ziel ist eine Erhöhung der Bereitschaft der Bürger zur Organspende.

Kritik an der Einigung kam von der Deutschen Hospiz-Stiftung. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) und sein SPD-Kollege Frank-Walter Steinmeier hatten vor drei Wochen in einem persönlichen Gespräch vereinbart, einen neuen Anlauf zu versuchen. Für Steinmeier ist dies auch ein persönlich wichtiges Anliegen. Der SPD-Politiker hatte im August 2010 seiner Ehefrau Elke Büdenbender eine Niere gespendet und eine mehrwöchige Auszeit aus der Politik genommen.

Versicherte sollen "regelmäßig" befragt werden

Am Donnerstagmorgen trafen sich die Fraktionschefs mit Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Auch die Fachpolitiker der fünf Fraktionen waren dabei. Sie sollen bis Ende des Jahres einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag erarbeiten, der von allen Fraktionschefs mitgetragen und unterzeichnet wird. Im ersten Halbjahr 2012 soll der Bundestag dann über das novellierte Transplantationsgesetz entscheiden.

Der Einigung zufolge soll Bereitschaft der Bürger zur Organspende "regelmäßig" abgefragt werden, etwa mit dem Versand der Versichertenkarte. Auch solle die Bereitschaft "mit einer höheren Verbindlichkeit abgefragt werden". Dies solle "mit so viel Nachdruck wie möglich" geschehen, jedoch "ohne eine Antwort zu erzwingen oder Sanktionen auszuüben", wie es in der Erklärung der Fachpolitiker heißt.

Lange Warteliste

Steinmeier und Kauder zeigten sich zufrieden mit der Einigung. Viele Menschen warteten auf eine Lösung, erklärte der SPD-Fraktionschef. Der Gruppenantrag solle den gesetzgeberischen Nachdruck schaffen, damit Menschen entscheiden, ob sie Organspender sein wollen oder nicht. Auf Zwang werde aber verzichtet. Kauder sagte "Spiegel Online": "Mit dieser neuen Regelung wird eine wichtige Voraussetzung geschaffen, dass die Zahl der Organspenden in Deutschland steigen wird."

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation warten rund 12.000 Menschen bundesweit auf ein Spenderorgan. Im Jahr 2010 wurden bundesweit 5.083 Organe transplantiert. Pro Jahr sterben der Stiftung zufolge rund 1.000 Patienten, weil nicht rechtzeitig ein Spenderorgan zur Verfügung steht.

Mehr Aufklärung und Transparenz nötig

Die Deutsche Hospiz-Stiftung kritisierte den Kompromiss. Stiftungsvorstand Eugen Brysch erklärte in Berlin, die Bürger regelmäßig nach ihrer Bereitschaft zur Organspende abzufragen, löse die Probleme nicht.

Es werde keine Wirkung zeigen, die Anzahl der Ausweisträger zu erhöhen. Das habe keinen Einfluss auf die tatsächliche Anzahl der Organspender. Tatsächlich sei mehr Aufklärung und Transparenz nötig. (www.dso.de) (dapd)