Berlin. Es steht für den größten Medizinskandal der Nachkriegsgeschichte: Das Schlafmittel Contergan. Von 1957 an war es rezeptfrei an Schwangere verkauft wurden. Der Wirkstoff Thalidomid führte bei tausenden Neugeboren zu Missbildungen. Allein in Deutschland leben rund 2.400 Opfer.

Der Name Contergan steht für den größten Medizinskandal der Nachkriegsgeschichte. Von 1957 an war das als hoch wirksam gepriesene Schlafmittel werdenden Müttern rezeptfrei verkauft worden. Tatsächlich aber führte der Wirkstoff Thalidomid bei tausenden Neugeborenen weltweit zu Missbildungen der inneren Organe und Extremitäten. Eines der bekanntesten Opfer ist der Sänger Thomas Quasthoff. Am 27. November 1961 zog der Hersteller Grünenthal das Medikament zurück. Als Folge des Skandals hat die Bundesrepublik Deutschland eines der strengsten Arzneimittelgesetze der Welt.

Contergan wurde ab 1957 verkauft; die 30er-Packung kostete 3,90 Mark. Bereits Anfang 1960 fiel Ärzten auf, dass immer häufiger Kinder mit missgebildeten inneren Organen und Gliedmaßen geboren wurden. Die betroffenen Eltern wurden befragt, Tests wurden unternommen, und langsam kristallisierte sich ein Zusammenhang zwischen der Contergan-Einnahme und der Behinderung der Kinder heraus. Gegen Grünenthal wurde Ende 1961 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Als im April 1967 Anklage gegen mehrere Verantwortliche des Unternehmens erhoben wurde, waren die geschädigten Kinder bereits zwischen fünf und neun Jahren alt.

Geld war 1997 aufgebraucht

Der Prozess zählt zu einem der längsten Verfahren Europas. Die Anklageschrift umfasste knapp 1.000 Seiten. Im Dezember 1970 endete der Prozess mit einem Vergleich. Grünenthal verpflichtete sich, gut 100 Millionen Mark zur Entschädigung der Contergan-Opfer bereitzustellen. Nach dem Prozess wurde 1972 eine Stiftung gegründet, in die Grünenthal 114 Millionen Mark einzahlte. Auch der Bund beteiligte sich. Dieses Geld war 1997 aufgebraucht.

2.4000 Conterganopfer in Deutschland

Heute noch gezahlte Entschädigungen werden vom Bund übernommen. 2009 gab Grünenthal noch einmal 50 Millionen Euro für die Stiftung. Derzeit leben in Deutschland etwa 2.400 Conterganopfer. Die Stiftung zahlt ihnen je nach Schwere der Behinderung pro Monat zwischen 250 und 1.127 Euro Rente. Zudem steht Betroffenen eine einmalige Kapitalentschädigung zu.