Essen. Was Zigaretten an Krankheiten auslösen können, erfahren Raucher auf jeder Packung. Seit Kurzem müssen auch Haarfärbemittel einen Warnaufdruck tragen – weil sie Allergien auslösen können. Vor dem Verkauf an Jugendliche unter 16-Jahren wird jetzt sogar deutlich gewarnt.
Die Liste der gefährlichen Inhaltsstoffe von Haarfärbemitteln ist fast 100 Seiten lang, dabei sollen sie doch nur der Schönheit dienen: Wer seiner Jugendlichkeit mit einer frischen Haarfarbe auf die Sprünge helfen will, sollte aufpassen, was da so in einer Coloration steckt. So manches Mittelchen muss seit 1. November auf der Packung eine Warnung tragen: „Haarfärbemittel können schwere allergische Reaktionen hervorrufen“. Zudem werden Jugendliche gesondert angesprochen: „Für Personen unter 16 Jahren nicht bestimmt.“
Es geht um Stoffe wie p-Phenylendiamin, Toluylen-2,5-diamin oder 1-Naphthol – und viele Weitere mit kaum aussprechbaren Namen. Sie gehören zu den „oxidativen Substanzen“, tauchen in den meisten Haarfärbemitteln auf und sorgen im schlimmsten Fall nicht für eine frische oder bunte Kopfbehaarung sondern Hautreizungen und Hautausschlag bis hin zu Ekzemen.
Keine Konsequenzen für den Handel
Nach Zahlen der Kosmetik-Branche färben 35 Prozent der Frauen und Männer in Deutschland ihre Haare - 90 Prozent der Mittel, die sie verwenden, gehören zu denen jetzt als Allergie-gefährdend eingestuften oxidativen Färbemittel. Die Stoffe sorgen dafür, dass sich die Farbe durch einen chemischen Prozess quasi in die Haarstruktur brennt. Färbemittel ohne diese Stoffe bleiben nur an der Haar-Oberfläche haften und sind dementsprechend rasch wieder ausgewaschen.
Spätestens zum 1. November 2012 müssen Haarfärbemittel ohne Warnaufdruck aus den Läden verschwunden sein. Grund ist eine EU-Vorschrift, die jetzt in die deutsche Kosmetik-Verordnung übernommen worden ist.
Verband mahnt Friseure vor Haftungsrisiko
Für den Handel hat das jedoch keine Konsequenzen: „Die Verantwortung liegt weiterhin beim Kunden“, sagt ein Sprecher der Drogerie-Kette Rossmann. Und Birgit Huber, stellvertretender Geschäftsführerin des Industrieverband für Körperpflege und Waschmittel (IKW) erklärt: „Natürlich dürfen Haarfarben weiter an Jugendliche unter 16 Jahren abgegeben werden“.
Im Friseurgewerbe macht man sich trotzdem Sorgen: Betriebe sollten sich, so rät der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks, rasch auf die neue Rechtslage einstellen. „Der Friseur hat die Sorgfaltspflicht und trägt das Haftungsrisiko“, erklärt ein Verbandsjustitiar. Es sei daher ratsam, sich schlau zu machen, welche Inhaltsstoffe in Färbemitteln enthalten sind, die man verwendet.
Die Reaktion im Friseurgewerbe ist jedoch verschieden: „Wir färben nicht bei Jugendlichen“, sagt Hans Liebwerth, Obermeister der Friseurinnung in der Kreishandwerkerschaft Essen, bei der etwa 200 Betriebe Mitglied sind; insgesamt gibt es in Essen etwa 500 Friseurbetriebe. Andere in der Branche sind überrascht, als sie auf Nachfrage von DerWesten von der veränderten Rechtslage erfahren.
Dass Haarfärbemittel nicht ungefährlich sind, haben dabei nicht wenige, die professionell damit umgehen, leidvoll erfahren. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) mahnt daher seit zwei Jahren, dass Friseurbeschäftigte nicht nur beim Haare färben Schutzhandschuhe, sondern auch beim Haare waschen tragen.