Chicago. Wer unter Depressionen leidet, hat gleichzeitig auch noch ein erheblich höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies ergab eine Studie US-amerikanischer Forscher. Die Gründe dafür sind vielseitig.
An einer Depression erkrankte Menschen haben ein deutlich erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden und daran zu sterben. Das belegen US-amerikanische Forscher jetzt durch eine Analyse von Studien mit zusammen fast 320.000 Teilnehmern.
Depression sei mit einem um 45 Prozent erhöhten Risiko für einen Schlaganfall verbunden gewesen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin "Journal of the American Medical Association" (JAMA). Das Risiko, an einem Schlaganfall zu sterben, habe sich sogar um 55 Prozent erhöht.
"Damit liefert diese Metaanalyse starke Belege dafür, dass eine Depression einen wichtigen Risikofaktor für einen Schlaganfall darstellt", schreiben die Forscher um Studienleiter An Pan von der Harvard School of Public Health in Boston. Bisher sei dieser Zusammenhang unklar gewesen. Die neuen Erkenntnisse ergänzen vorhergehende Studien, die Hinweise auf eine Verbindung zwischen Depressionen und einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt sowie Herzkreislauferkrankungen nachgewiesen hatten.
Zahlreiche Ursachen für Zusammenhang möglich
"Das Lebenszeitrisiko für eine Depression wird auf mehr als 16 Prozent in der allgemeinen Bevölkerung geschätzt", schreiben die Forscher. Angesichts dieser Häufigkeit von Depressionen in der Bevölkerung habe der jetzt beobachtete Zusammenhang mit Schlaganfällen große Bedeutung für die öffentliche Gesundheit. Es seien nun mehr Studien nötig, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu erforschen und um die ursächlichen Verbindungswege zwischen Depression und Schlaganfall zu ergründen.
Nach Ansicht der Forscher könnte eine Depression durch eine Vielzahl von Mechanismen zu einem höheren Schlaganfallrisiko beitragen. Zum einen könnte der bei depressiven Menschen abweichende Hirnstoffwechsel und Hormonhaushalt eine Rolle spielen. Auch eine veränderte Immunreaktion und verstärkte Entzündungsneigung seien denkbar.
Auch ein nachlässigerer Umgang mit dem eigenen Körper könne ein Faktor sein. Aus vorhergehenden Studien sei bekannt, dass depressive Menschen häufiger zu gesundheitsschädlichem Verhalten neigen. Sie bewegten sich oft weniger, rauchten mehr und achteten weniger auf eine gesunde Ernährung. Auch die Einnahme von Antidepressiva könnte eine Rolle spielen. All dies müsse nun genauer untersucht werden, sagen die Forscher.
Gesundheit von fast 320.000 Menschen über Jahre verfolgt
Für ihre Untersuchung werteten die Forscher 28 in der medizinischen Literatur erschienene Bevölkerungsstudien aus. In diesen wurde die Gesundheit von 317.540 Teilnehmern über 2 bis 29 Jahre hinweg verfolgt. Im Laufe der Studienperiode erlitten 8.478 Patienten einen Schlaganfall.
Unter diesen waren deutlich mehr Patienten mit Depressionen. Ihr Schlaganfallrisiko durch eine Unterversorgung von Hirnbereichen mit Blut sei teilweise um fast die Hälfte höher gewesen als das nicht-depressiver Menschen, berichten die Forscher. Nicht signifikant erhöht sei dagegen das Risiko für eine Hirnblutung.
Das zusätzliche Schlaganfallrisiko für Menschen mit Depressionen liege dabei in absoluten Zahlen ausgedrückt bei 106 Fällen mehr pro 100.000 Einwohner, berichten die Forscher. Ein Hirninfarkt - ein Schlaganfall durch verstopfte Hirnblutgefäße - treffe rund 53 Patienten mehr pro 100.000 und ein tödlicher Schlaganfall 22 Fälle mehr pro 100.000, sagen Pan und seine Kollegen.
In Deutschland beziffert die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften das Schlaganfallrisiko für die allgemeine Bevölkerung auf 160 bis 240 Fälle pro 100.000 Einwohner. Eine Depression erhöht demnach diese Zahl um noch einmal rund die Hälfte.