München. Frauen weinen alle sechs Tage, Männer alle drei Wochen. Im Durchschnitt, versteht sich. Das haben Augenärzte der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) ermittelt. Forscher wissen, dass Frauen und Männer aus unterschiedlichen Gründen weinen.

Ob aus Trauer, Wut, Angst oder Freude: Fast jeder Mensch muss ab und zu weinen. Bei Frauen geschieht dies bis zu 64-mal im Jahr, Männer weinen im Durchschnitt bis zu 17-mal. Dies haben Augenärzte der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) ermittelt. Meistens sind es intensive Gefühle, die die Tränen strömen lassen.

Forscher nennen diese Form des Weinens daher auch "emotionale Tränen". Sie grenzen sie damit gegenüber den Tränen ab, die fließen, wenn ein Staubkorn ins Auge fliegt oder der Wind direkt auf die Augen bläst. Bei diesen nicht-emotionalen Tränen ist die Funktion klar: Sie spülen Fremdkörper aus und schützen das Auge vor Austrocknung.

Aber was ist mit den Wut- oder Freudentränen? Welchen biologischen Sinn könnten sie haben? Eine Vermutung lautet: Beim emotionalen Weinen werden besonders viele Stresshormone mit den Tränen abgegeben. Möglicherweise hilft das sogar dabei, Stress abzubauen. Doch unterscheiden sich die durch Emotionen ausgelösten Tränen tatsächlich von der "normalen" Tränenflüssigkeit?

Tränenreiche psychische Reinigung

"Leider gibt es nur sehr wenige wissenschaftliche Arbeiten zur Zusammensetzung emotionaler Tränen", sagt Elisabeth Messmer von der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Immerhin sei mittlerweile klar, dass das Milchbildungshormon "Prolactin" - zumindest bei Frauen -, sowie Mangan und Kalium in den emotionalen Tränen in höherer Konzentration vorliegen.

Gleiches gilt nach Angaben der Forscherin für das "Glückshormon" Serotonin. Dieses spielt unter anderem als Botenstoff oder Neurotransmitter bei der Signalübertragung im Nervensystem eine wichtige Rolle. "Diese Hormone und Transmittersubstanzen werden mit den Tränen ausgeschieden. Allerdings in einem so geringen Maß, dass es unwahrscheinlich ist, dass dies einen therapeutischen Effekt hat", meint Messmer. Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin oder Adrenocorticotropin (ACTH) seien ihres Wissens nach in den emotionalen Tränen nicht enthalten. Ebenso sei bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen worden, dass mit den Tränen Schadstoffe ausgeschwemmt würden.

Welchen Nutzen haben Tränen dann überhaupt? "Subjektiv wird das Weinen vom Weinenden als Erleichterung empfunden, und eine Stimmungsaufhellung nach dem Weinen beschrieben", sagt die Forscherin. Dieses entspräche auch der "Katharsis-Theorie des Weinens", die auf Hippokrates und Aristoteles zurückgehe. Sie sei von der Psychoanalyse übernommen worden: Demnach bewirken Tränen eine psychische Reinigung.

Besser geht es den "Heulsusen" aber nicht unbedingt, wie verschiedene Studien gezeigt haben. Das funktioniere nur, wenn der Anlass für die Tränen vorüber sei, sagen Augenärzte. Auch die Vermutung, dass Weinen körperlich entspanne, sei wissenschaftlich nicht haltbar: Während des Weinens seien Menschen körperlich angespannt - vom Anfang bis zum Ende.

Bei Trennung weinen auch Männer

Viele Tränen-Theorien sind also eher fragwürdig. Doch es gibt auch einige, die bestätigt wurden: "Männer gehören häufig in die Gruppe der 'Nichtweiner'", sagt Messmer. Für sie seien Tränen entweder ohne Bedeutung oder würden durch kulturelle Einflüsse und Selbstdisziplin abtrainiert. "Frauen weinen nicht nur länger und schluchzen häufig dabei, auch die Gründe für das Weinen unterscheiden sich vom Mann", meint die Forscherin.

Während Frauen meist in Konfliktsituationen weinten, bei Verlusten oder wenn sie sich persönlich unzulänglich fühlen, kämen Männern eher aus Empathie oder bei Trennung die Tränen. Die Sozialisation veranlasse Frauen, ihre Gefühle durch Worte, Tränen und Gesten nach außen zu tragen. "Stattdessen internalisieren Männer ihre Gefühle und handeln", sagt Messmer. (dapd)