Langenau/Hannover (dapd). "Achtung, Läusealarm im Kindergarten!": Viele Eltern stöhnen, wenn sie einen solchen Info-Zettel in die Hand gedrückt bekommen. Bitte, nicht schon wieder! In regelmäßigen Abständen befallen Läuse die Köpfe von Kindergarten- und Grundschulkindern. Vorbeugende Maßnahmen gibt es nicht, welcher Kinderkopf ausgewählt wird, entscheidet das Schicksal, wie Klaus Rodens von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) sagt: "Manche Kinder bekommen mehrmals Läuse, andere nur einmal oder auch gar nicht." Für Eltern bedeutet der Läusebefall vor allem Arbeit. Denn die Befreiung von den Krabbeltieren erfordert einigen Aufwand.
Vielen Eltern ist der Läusebefall in der eigenen Familie ziemlich peinlich, weiß Klaus Rodens aus seiner Praxiserfahrung als Kinder- und Jugendarzt im baden-württembergischen Langenau: "Immer noch glauben viele Menschen, dass Läusebefall ein Zeichen mangelnder Hygiene ist." Das aber sei grober Unfug: "Läuse mögen alle Kinderköpfe, egal ob oft oder wenig gewaschen." Zur Vorbeugung nütze es deshalb überhaupt nichts, dem Kind täglich die Haare zu waschen. Auch Teebaumöl-Sprays oder andere Wässerchen, die laut diverser Internet-Foren-Empfehlungen die Läuse verschrecken, hielten keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand: "Die Läuse krabbeln einfach von Kopf zu Kopf, so wie sich die Gelegenheit eben anbietet." Und Gelegenheiten gibt es viele, vor allem bei kleinen Kindern, die beim gemeinsamen Spiel noch sehr dicht beieinandersitzen und oft die Köpfe zusammenstecken.
Jeder Kopfläusebefall - die wissenschaftliche Bezeichnung lautet "Pediculosis capitis" - beginnt mit einem einzigen Krabbeltier. Wenn eine Laus den kindlichen Kopf erobert hat, legt sie bald die ersten Eier, die sogenannten Nissen. "Die Larven schlüpfen nach circa sieben bis zehn Tagen", erklärt Jan Krüger von der Deutschen Pediculosis Gesellschaft in Hannover. Da die Laus vom menschlichen Blut lebt, das sie alle zwei Stunden aus der Kopfhaut trinkt, muss sie mit ihrem Saugrüssel zustechen. "Dabei sondert sie Speichel für die Blutverdünnung ab, der für den typischen Juckreiz sorgt", erklärt der Experte.
Sobald sich das Kind also ungewöhnlich häufig kratzt, sollten Eltern das Kopfhaar nach Läusen durchforsten. Gerade zu Beginn eines Befalls sei das Aufstöbern der kleinen Biester nicht ganz leicht, betont Krüger. "Läuse sind flink und lichtscheu, weswegen Sie selten eine Laus finden werden, wenn Sie danach suchen." Kinderarzt Rodens empfiehlt, die Haare auf Verdacht mit einem Läusekamm durchzukämmen. Falls vorhanden, bleiben die Krabbeltiere zwischen den engen Kammzinken hängen. Aufschluss bei der Erstdiagnose geben auch die Nissen, die optisch Schuppen sehr ähnlich sind, sagt Krüger: "Kopfläuse kleben ihre etwa stecknadelkopfgroßen Eier seitlich an die Haare in der Nähe der Kopfhaut." Besonders an den Lieblingsstellen der lästigen Kopfbewohner im Nacken und hinter den Ohren werde man fündig.
Mangels Alternative wurden Kindern vieler Generationen bei Läusebefall Insektizide, zum Beispiel Permethrin, auf den Kopf gegeben. "Diese wirken auch heute noch sehr effektiv, haben aber auch das Risiko von Nebenwirkungen", sagt Kinder- und Jugendarzt Rodens, der diese Mittel nur noch verschreibt, wenn Kinder immer wieder Läuse haben oder diese einfach nicht loswerden. Ansonsten kämen in der kinderärztlichen Therapie eher sanfte Arzneien auf Basis eines Silikonöls zur Anwendung, die kaum Nebenwirkungen hätten und die Läuse erstickten.
Das Öl wird wie ein Shampoo auf den Kopf gegeben und gründlich einmassiert. Dann muss es entsprechend den Angaben der Packungsbeilage einwirken, bevor gründlich ausgekämmt wird. Wichtig ist eine zweite Behandlung, damit die nach dem ersten Einsatz des Läusemittels geschlüpften Läuse abgetötet werden, bevor sie wieder Eier legen können. Der Zeitpunkt steht in der Packungsbeilage: Meist findet die Zweitbehandlung nach acht bis zehn Tagen statt.
Nach fünf Tagen sollte auch das Kämmen unbedingt wiederholt werden, lautet die Empfehlung der Deutschen Pediculosis Gesellschaft. "Und danach noch weitere drei Mal im Wochenabstand", ergänzt Krüger. Nur so können weitere Läuse oder nachträglich geschlüpfte Läuselarven entdeckt und entfernt werden.
Regelmäßiges Kämmen ist auch Grundlage der aus England stammenden, sogenannten "Bug-Busting-Methode", die ganz auf Chemie verzichtet: "Sie benötigen lediglich ein Shampoo, eine Pflegespülung und einen speziellen, sehr feinzinkigen Bug-Buster-Kamm, den man im Internet oder in der Apotheke erwerben kann", erklärt Krüger. Damit müsse mindestens viermal innerhalb von zwei Wochen Strähne für Strähne sauber ausgekämmt werden. "Es braucht allerdings ein wenig Übung, wirklich alle Läuse dabei zu finden." Dass das Kämmen generell nicht immer leicht ist, besonders bei sehr dichten oder strohigen Kinderhaaren, weiß Klaus Rodens: "Die Haare sollten deshalb immer nass sein, dann geht es leichter." Auch die Befeuchtung mit Essigwasser mache Haare etwas umgänglicher für den Kamm.
dapd