Berlin. Junge Menschen leben im Durchschnitt gesünder als vor zehn Jahren: Es wird weniger geraucht und gekifft. Aber die Zahl der Rauschtrinker ist erneut gestiegen. Und die Spielsucht rückt in den Fokus.

Alkohol und Zigaretten sind weiter die am stärksten verbreiteten Drogen. Immer mehr Menschen werden aber auch durch Glücksspiele und das Internet süchtig. Das geht aus dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Drogen- und Suchtbericht 2011 der Bundesregierung hervor. Demnach trinken die Deutschen im Durchschnitt zehn Liter reinen Alkohols pro Jahr und liegen damit im Ländervergleich "an vorderster Stelle". "Es gibt zwar viele, die verantwortungsvoll konsumieren, jedoch müssen wir die ansprechen, die einen riskanten Alkoholgebrauch haben", sagte die Bundes-Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans (FDP). Rund 9,5 Millionen Deutsche zählen nach Schätzungen zu dieser Gruppe. 16 Millionen Menschen rauchten. Die Zahl der trinkenden, rauchenden und kiffenden Jugendlichen ging dagegen zurück. Exzessive Trinkgelage stehen aber weiter hoch im Kurs.

Dyckmans sagte, der alte Drogenaktionsplan aus dem Jahr 2003 müsse auf den neuen Stand gebracht werden. Damals seien Online- und Glücksspielsucht noch gar nicht oder nur am Rande erwähnt worden. Das Kabinett werde sich damit voraussichtlich noch vor der Sommerpause beschäftigen.

600.000 Menschen sind laut Dyckmans süchtig nach Glücksspielen. Die meisten seien von Geldspielautomaten abhängig. Als neue Herausforderung gelte zudem die Internetsucht. Hier bestehe umfassender Forschungsbedarf. Wer das Internet derart exzessiv nutze, dass andere Anforderungen des täglichen, sozialen und beruflichen Lebens völlig vernachlässigt würden, werde als süchtig bezeichnet, sagte sie. Studien klassifizierten zwischen 1,6 und 8,2 Prozent der Internetnutzer als abhängig.

"Rauschtrinken" weit verbreitet

Die Zahl der Jugendlichen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, sinkt dagegen. Im letzten Jahr tranken dem Bericht zufolge 13 Prozent der 12- bis 17-Jährigen mindestens einmal in der Woche Alkohol. 2004 waren es noch 21 Prozent. Das "Rauschtrinken", also der Konsum von mindestens fünf alkoholischen Getränken bei einer Gelegenheit, ist aber weiter verbreitet: 16,7 Prozent der minderjährigen Jugendlichen gaben an, dieses "im letzten Monat" praktiziert zu haben.

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    Das wirkt sich auch auf die Zahl der Krankenhauseinlieferungen aus: 2009 wurden 26.400 Menschen zwischen 10 und 20 Jahren wegen Alkoholmissbrauchs im Krankenhaus behandelt. Das waren 2,8 Prozent mehr als 2008. Insgesamt

    Beliebtheit von Cannabis sinkt

    Auch die Zahl jugendlicher Raucher sank. Griffen 2001 noch 23 Prozent der 12- bis 17-jährigen zur Zigarette, waren es 2010 nur noch 13 Prozent. 110.000 Menschen sterben jedes Jahr an den direkten Folgen des Rauchens. Der volkswirtschaftliche Schaden dadurch wird dem Bericht zufolge auf jährlich 21 Milliarden Euro geschätzt.

    Die Beliebtheit von Cannabis nahm ebenfalls ab: Fünf Prozent der Jugendlichen gaben an, die Droge in den letzten zwölf Monaten konsumiert zu haben. 2004 waren es noch 10 Prozent. Insgesamt konsumierten 600.000 Menschen Cannabis in problematischen Maß. Die Zahl der Drogentoten sank 2010 um sieben Prozent auf 1.237.

    Warnung vor "Legal Highs"

    Dyckmans warnte vor der Gefährlichkeit der "Legal Highs". Diese würden als Badesalze, Lufterfrischer oder Kräutermischungen deklariert und als angeblich legale Alternativen zu herkömmlichen illegalen Drogen angeboten. Die harmlos wirkenden Produkte enthielten jedoch meist Betäubungsmittel oder ähnlich wirkende chemische Wirkstoffe in unterschiedlicher Konzentration, die auf bunten Verpackungen nicht ausgewiesen würden.

    Die Opposition kritisierte den Bericht. Der drogenpolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Frank Tempel, sagte, auf die in den letzten Jahren immer häufiger auftretende Glücksspiel- und Internetsucht habe Dyckmans bis heute noch keine Antwort gefunden. Der Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen, Harald Terpe, fragte, wo die im Koalitionsvertrag angekündigte gründliche Evaluation aller Präventionsmaßnahmen bleibe. (dapd/rtr)

    Komasaufen: Erstmals mehr Mädchen betroffen

    Mit der Kampagne „Don't drink too much - stay gold” warnt die Polizei vor den Folgen des Komasaufens. Fotos: staygold.eu
    Mit der Kampagne „Don't drink too much - stay gold” warnt die Polizei vor den Folgen des Komasaufens. Fotos: staygold.eu © WP
    Abschreckende Bierdeckel-Motive...
    Abschreckende Bierdeckel-Motive... © WP
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