München (dapd). Wer schlecht oder gar nicht hört, gerät schnell ins soziale Abseits und gehörlos geborene Kinder haben oft keine Chance, sprechen zu lernen und eine normale Schule zu besuchen. Innenohrimplantate oder Cochlea-Implantate können heute aber bei immer mehr Betroffenen, denen konventionelle Hörgeräte nicht mehr helfen, die Hörfunktion wiederherstellen.
"Früher konnte man die Innenohrimplantate hauptsächlich bei gehörlosen Menschen verwenden" sagt Eike Krause, Leiter der Neurootologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Heute erzielen wir auch gute Erfolge bei schwerhörigen Kindern oder Erwachsenen mit noch vorhandenem Restgehör." Voraussetzung für das Einsetzen eines Innenohrimplantats sei, dass Hörnerv und Hörzentrum im Gehirn funktionieren.
"Es wird operativ eine Elektrode in die Schnecke geschoben, die den Hörnerv mit elektrischen Impulsen stimuliert", sagt Krause. "Auf diese Weise hat der Patient wieder einen Höreindruck, ein gutes Sprachverstehen und kann sogar wieder telefonieren." Die Heilung nach dem Eingriff dauere etwa vier Wochen und daran schließe sich dann die Rehabilitationsphase an, in der die Patienten lernen, mit dem neuen Höreindruck der Innenohrimplantate umzugehen. "Ältere Patienten brauchen bis zu einem Jahr, bis sie gelernt haben, die elektrischen Reize zu verstehen", sagt Krause. Bei kleinen Kindern dauere es oft nur drei bis sechs Monate.
"Die größte Patientengruppe sind mittlerweile gehörlos geborene Kinder in den ersten zwei Lebensjahren", sagt Krause. Ein Hörscreening werde heute schon bei Neugeborenen durchgeführt, dauere maximal eine Minute und gibt früh Hinweise. Das operative Einsetzen des Innenohrimplantats ist bei kleinen Kindern problemlos, denn die Schnecke wächst im Laufe des Lebens nicht mehr. Und die Vorteile liegen laut Krause auf der Hand: "Wird ein Kind schon vor seinem sechsten Lebensjahr und damit vor dem Spracherwerb mit einem Cochlea-Implantat versorgt, kann es ganz normal sprechen lernen und auf eine normale Schule gehen."
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