Freiburg/Köln (dapd). Drei von vier Männern über 50 schnarchen. Zunächst einmal ist das "nur" für die Partnerschaft ein Problem. Kommen aber Atembeschwerden hinzu, wird die Sache schnell ungesund und auch gefährlich, wie Chefarzt Wolfgang Galetke, Leiter der Lungenstation und des Schlaflabors im Kölner Krankenhaus der Augustinerinnen berichtet.

Fachleute unterscheiden zwischen dem relativ unkomplizierten "primären Schnarchen", das die Atmung der Schlafenden kaum beeinträchtigt, und dem gesundheitsschädlichen "obstruktiven Schnarchen", das die Atmung so stark behindert, dass sie beim Schlafen regelmäßig kurzzeitig aussetzt. Eine solche Atempause bezeichnen Mediziner als "Apnoe". "Das Schlaf-Apnoe-Syndrom entwickelt sich meist mit den Jahren aus einem unkomplizierten Schnarchen heraus", erläutert Galetke. Deshalb sollten auch "normale", unkomplizierte Schnarcher möglichst die Ursache ihres Schnarchens klären.

Die liegt in den meisten Fällen in einer schlaffen Halsmuskulatur. Der Rachen ist ein Schlauch aus vielen Muskeln. Im Schlaf erschlaffen sie, und der Schlauch fällt etwas in sich zusammen. Je älter der Mensch wird, desto schlaffer werden auch diese Muskeln. "Haben Sie einen eher schmalen Nasen- und Rachenraum, gerät Ihr Rachenschlauch dabei ins Vibrieren. Schlafen Sie dann auch noch mit geöffnetem Mund, schwingt dazu noch Ihr Gaumensegel. Die Folge ist der bekannte Schnarchton", erläutert Atemwegsexperte Michael Deeg vom Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte.

Schlafexperten haben zwar bislang kein Mittel entdeckt, durch das sich die Rachenmuskulatur gezielt stärken ließe. Immerhin wissen sie aber, welche "Bösewichte" dazu führen, dass die betroffenen Muskeln noch schlaffer werden: Übergewicht, Alkohol und schwere Mahlzeiten. "Zu viel Fett schlägt sich auch auf den Hals nieder", sagt Deeg. "Durch eine solche Fettansammlung wird der Atemkanal entsprechend enger. Es gibt Menschen, die ein paar Kilo abnehmen und dann nicht mehr schnarchen." Alkohol wiederum entspannt - auch die Muskulatur im Rachenraum. Ein Mensch, der normalerweise geräuschlos schläft, kann nach einem Gläschen Wein vorm Schlafengehen zum Schnarcher werden. "Deshalb gilt: Gehen Sie so ins Bett, wie Sie guten Gewissens Auto fahren könnten - nämlich ohne Alkohol. Verzichten Sie auch auf Nikotin und Beruhigungs- oder Schlafmittel. Sie haben eine ähnliche Wirkung", sagt Deeg.

Auch ein opulentes Mahl vorm Schlafengehen bereite nicht nur Einschlafschwierigkeiten sondern leite Blut und Energie vor allem zum Verdauungstrakt, und damit weg von der Atemmuskulatur. Die erschlaffte, mit den hörbaren Folgen.

Auch wenn die Nasenatmung durch einen Schnupfen erschwert ist, kommt es schnell zu dem ungeliebten Ton. Hier könnten Nasenspülungen mit Salzlösung oder Mittel, die die Schleimhäute abschwellen lassen, helfen, sagt Deeg. Last but not least: Die Lage ist entscheidend. "Sobald Sie auf dem Rücken liegen, sackt Ihr Zungengrund nach hinten und behindert den Luftzug. Die meisten "harmlosen Schnarcher" schlafen nahezu geräuschfrei, sobald sie auf der Seite liegen", weiß Deeg. "Hierzu gibt es im Fachhandel "Rückenlageverhinderungswesten", aber im Grunde hat ein in das Rückenteil des Pyjamas eingenähter Tennisball einen ganz ähnlichen Effekt. Ebenso schafft das Schlafen mit erhöhtem Oberkörper manchmal Abhilfe." Schließlich könnten auch Zahnschienen, dafür sorgen, dass die Atemwege weit genug geöffnet bleiben.

Spätestens wenn all diese Tipps und Hilfsmittel keine Wirkung (mehr) zeigen oder wenn die Schnarchenden sich tagsüber müde und unausgeschlafen fühlen, sollten sie sich ärztlichen Rat holen und die Ursache klären lassen, rät Schlafexperte Galetke. "Dann könnte es sein, dass sie wie zirka zwei Prozent aller Frauen und vier Prozent aller Männer am Schlaf-Apnoe-Syndrom" leiden. Die Atemwege sind dann so eng, dass sie im Schlaf sich kurzzeitig komplett verschließen. Als Folge sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut, der Körper schüttet das Stresshormon Adrenalin aus und verursacht damit eine Weckreaktion. Der Patient wacht auf, atmet wieder und schläft so schnell wieder ein, dass er den Vorgang um die Atempause (Apnoe) nicht bewusst mitbekommt. Das Problem: Schlaf-Apnoe-Patienten haben pro Stunde über 15 solche Aussetzer - ihr Körper kann sich folglich auch im Schlaf nicht erholen. "Es spielt keine Rolle, ob ein Apnoe-Patient 5, 10 oder 15 Stunden schläft", betont Galetke, "die Erholungswirkung geht gegen null." Das einzige, was Schlaf-Apnoe-Patienten wirklich hilft, ist laut Galetke eine Stabilisierung ihrer Atemwege mit Hilfe von Überdruck. "Im Schlaflabor finden wir heraus, wie viel Druck nötig ist, um die Atemwege der Betroffenen freizuhalten. Dann passen wir ihnen individuelle Atemmasken an, die sie beim Schlafen tragen." Ungefähr 70 Prozent der Patienten könnten mit ihrer Maske wieder gut schlafen, sagt Galetke. 30 Prozent hätten damit große Akzeptanzprobleme. "Aber der Leidensdruck ist groß, und in schweren Fällen sind die Masken das einzige, was wirklich hilft."

dapd/cl