Brüssel. . Spanien macht es vor: Dort kümmern sich Ärzte gezielt um die Organisation von Organspenden. Bundesgesundheitsminister Rösler macht sich für die Einführung von Transplantations-Beauftragten in Deutschland stark.

Mehr als 50.000 Menschen in der EU warten auf Ersatz für ihre unheilbar kranke Niere oder Leber, 12.000 davon allein in Deutschland. Ein Drittel von ihnen werde die Wartezeit nicht überleben, sagt EU-Gesundheitskommissar John Dalli: „Da dürfen wir keine Zeit verlieren.“

Er drängt wie auch Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf die Einführung so genannter „Transplantations-Koordinatoren“ in den Krankenhäusern – Experten zufolge der springende Punkt im Bemühen, die Spenderzahlen zu steigern.

Als Vorbild gilt Spanien. Dort kommen auf eine Million Einwohner 34,2 Organspender. Das sind mehr als doppelt so viele wie in Deutschland (14,6). Hauptursache für den Erfolg sind Dalli zufolge bessere Strukturen im Krankenhaus. Denn in Spanien sind Ärzte speziell für die Anbahnung von Organspenden abgestellt. Sie sprechen mit den Angehörigen und bereiten die Operation vor – Aufgaben, für die Ärzten im hektischen Alltag einer Intensivstation oft die Zeit fehle, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der christdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Peter Liese (CDU). „Die müssen sich um ihre lebenden Patienten kümmern.“ Durch bessere Abläufe in den Krankenhäusern lasse sich die Zahl der Organspenden verdoppeln, schätzt die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO).

Auch in NRW gibt es Transplantations-Koordinatoren

Dass in Spanien, wie auch in Österreich, Italien oder Portugal, die so genannte „Widerspruchsregelung“ gilt, halten Experten für zweitrangig. Dabei wird die Zustimmung möglicher Spender vorausgesetzt, wenn sie nicht bereits zu Lebzeiten einer Organentnahme widersprochen haben. Normalerweise holten die Ärzte laut DSO aber auch in Spanien das Einverständnis der Angehörigen ein. Die höhere Spendenbereitschaft sei vor allem darauf zurückzuführen, dass sich Fachleute in den Kliniken gezielt darum kümmern. Auch acht deutsche Bundesländer setzen bereits Transplantations-Koordinatoren ein, darunter Nordrhein-Westfalen.

In einem aktuellen Interview mit dem „Spiegel“ kündigt Bundesgesundheitsminister Rösler an, er wolle „Krankenhäuser, in denen Organspenden möglich sind, gesetzlich verpflichten“ einen eigenen Transplantations-Beauftragten einzustellen. Auch die Bundesärztekammer macht sich für den Einsatz der Organ-Experten stark. Anlass ist die Überarbeitung des deutschen Organspendegesetzes. Diskutiert werden Möglichkeiten, die Bürger zu mehr Spenden zu motivieren.

Knackpunkt sind die Kosten für das zusätzliche Personal

Die geltende „Zustimmungsregelung“, wobei entweder der Spender oder, falls er tot ist, seine Angehörigen zustimmen müssen, steht dabei nicht auf dem Spiel. Hier kann und will auch Dalli Deutschland keine Vorschriften machen. Europa redet lediglich mit, wenn es um die Sicherheit der Organspende geht: So ist EU-weit vorgeschrieben, dass Spenden unentgeltlich erfolgen müssen und dass die raren Organe nach Bedürftigkeit und nicht etwa Geldbeutel vergeben werden.

Knackpunkt beim spanischen Modell der Transplantations-Koordinatoren werden wohl die Kosten für das zusätzliche Personal bleiben. Rösler spricht hier vage von „konstruktiven Gesprächen mit den Partnern der Selbstverwaltung“. EU-Gesundheitskommissar Dalli zitiert Zahlen aus Frankreich, wonach die Transplantation einer Niere – das am häufigsten benötigte Organ – pro Patient und Jahr 80.000 Euro weniger koste als die aufwändige Dialyse.

Dabei werden Patienten mit Nierenproblemen oft mehrmals pro Woche mehrere Stunden pro Woche an eine Maschine angeschlossen, die ihr Blut reinigt. „Wenn wir Patienten das ersparen, ist das Lebensqualität“, sagt Dalli. „Und die ist unbezahlbar.“