Washington. .

Je mehr desto besser – dieses Motto gilt nicht bei Vitaminen oder Ergänzungspräparaten. So kann zu viel Vitamin D das Risiko an Dickdarmkrebs zu erkranken erhöhen.

Ob Milch wirklich munter macht, wie einst in einer Werbung behauptet, ist wissenschaftlich umstritten. Im Sinne der Vitamin-D-Versorgung mahnen Mediziner eher zu maßvollem Konsum. Zu wenig wäre zwar schlecht für die Knochen. Zu viel könnte aber ebenfalls negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Das bestätigt auch eine neue Studie des US-Institute of Medicine (IOM). Und entgegen einer häufig vertretenen Ansicht herrscht in der Bevölkerung demnach kein allgemeiner Mangel an dem „Sonnen-Vitamin“.

„Mehr ist nicht unbedingt besser“, sagt Joann Manson von der Harvard Universität in Boston, die als Co-Autorin für die neue Studie mitverantwortlich ist. Den Trend einer zunehmenden Verbreitung von Vitamin-Pillen und sonstiger künstlicher Nahrungsergänzung stellen die Forscher damit entschieden infrage. Die für Menschen bis zum 70. Lebensalter empfohlene Tagesdosis an Vitamin D liege bei 600 Internationalen Einheiten (IU). Menschen, die älter sind als 70, bräuchten 800 IU.

Die Werte liegen zwar etwas höher als die bisher von den US-Behörden empfohlenen 400 IU und ebenso über den vom IOM im Jahr 1997 noch angegebenen altersabhängigen 200 bis 600 IU. Sie liegen allerdings deutlich unter den 2.000 IU, die zur Vorbeugung von Krebs- und Herzkrankheiten von einigen anderen Wissenschaftlern empfohlen werden. „Die Ergebnisse sind eine verblüffende Enttäuschung“, sagt der nicht an der Studie beteiligte Mediziner Cedric Garland von der Universität von California in San Diego. Garland zufolge könnte insbesondere das Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, mit einem höheren Vitamin-D-Konsum deutlich reduziert werden.

Wichtig für die Knochen

Unumstritten ist, dass Vitamin D im Zusammenspiel mit Kalzium eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Erhaltung des menschlichen Knochengerüsts spielt. Das Expertenkomitee des IOM räumt allerdings ein, dass die Forschung zur Rolle des Vitamins im Hinblick auf verschiedene Krankheiten zum Teil widersprüchliche Ergebnisse liefert. Bezüglich mancher Erkrankungen sei überhaupt keine Wirkung erkennbar, bei anderen zeige sich gar eine zusätzliche Gefährdung.

So steigt nach Angaben des National Cancer Institute bei einer erhöhten Konzentration von Vitamin D im Körper die Gefahr einer Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse. Bei einer besonders hohen Tagesdosis von mehr als 10.000 IU drohe zudem eine Schädigung der Nieren. Die aktuelle Studie des IOM hat daher 4.000 IU als absolute Obergrenze festgelegt. Mit gewöhnlicher Nahrung allein sind solche Werte kaum zu erreichen. Ein Glas Milch enthält, selbst wenn künstlich mit Vitamin D angereichert, in der Regel nur rund 100 IU. Die höchsten Werte erreichen Fischmahlzeiten, doch auch hier liegen sie selten über der empfohlenen Tagesdosis von 600 IU. Der durchschnittliche US-Bürger hat dem IOM zufolge dennoch ausreichend Vitamin D im Blut. Denn Vitamin D wird vom Körper nicht nur über die Nahrung, sondern auch durch Sonneneinstrahlung aufgenommen.

Doch auch in diesem Punkt liefert die Forschung zum Teil widersprüchliche Ergebnisse. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Studien veröffentlicht, die auf einen Mangel des „Sonnen-Vitamins“ zu Winterzeiten verwiesen - oder bei Menschen, die zu wenig aus dem Haus gehen. Das IOM hingegen geht von keinem allgemeinen Mangel aus. IOM-Autor Clifford Rosen erklärt sich die Widersprüche vor allem mit unzureichenden Methoden in vielen Testlabors. Bei der Messung von Vitamin-D-Werten würden kaum einheitliche Standards verwendet, sagt Rosen. „Ich hoffe, dass die Ergebnisse unserer Studie aber wenigstens dazu beitragen, dass die Leute nicht mehr Unmengen von unnötigen Ergänzungspräparaten schlucken.“ (dapd)