München. .

Menschen, die an einer Fruktose-Unverträglichkeit leiden, müssen auf Äpfel, Pfirsich und Co. verzichten. So die gängige Meinung. Doch das ist ein Irrtum. Denn wer gänzlich auf Obst verzichtet, schadet seinem Körper.

„Iss viel Obst und du bleibst topfit“, heißt es. Das gilt aber nicht für alle Menschen. Schon ein Apfel am Tag löst bei manchen schmerzhafte Bauchkrämpfe, Blähungen oder Durchfall aus. Die meisten Betroffenen denken zuerst an einen verdorbenen Magen oder an eine Virusinfektion. Tatsächlich steckt ganz oft eine Unverträglichkeit von Fruchtzucker dahinter, auch Fruktose-Malabsorption genannt, wie Heike Stahlhut, Biologin beim Deutschen Grünen Kreuz, erläutert. Die Stoffwechselstörung ist nach wie vor weitgehend unbekannt in Deutschland.

Süßer Apfelsaft, leckerer Obstsalat, ein üppiges Honigbrot: Rebelliert der Darm speziell nach solchen Genüssen, kann die Ursache für die Beschwerden daran liegen, dass der Körper größere Mengen Fruchtzucker, also Fruktose, nicht mehr gut verträgt. Die Zuckerart kommt reichlich in Früchten und Honig, aber auch in einigen Gemüsesorten vor. Normalerweise wird Fruktose vom Dünndarm aufgenommen und ins Blut weitergeleitet. Bei einer gestörten Nahrungsaufnahme klappt das nicht. Die Patienten entwickeln einen Reizdarm.

Transport gestört

Etwa die Hälfte der Erwachsenen kann inzwischen täglich nicht mehr als etwa 25 Gramm Fruktose aufnehmen, erklärt der Berufsverband Deutscher Internisten. Davon reagiert schon jeder Zweite mit gravierenden Beschwerden wie Übelkeit, Magenkrämpfen, Blähungen und Durchfällen. Die Stoffwechselstörung habe in den vergangenen Jahren als Ursache von Darmproblemen zugenommen, haben Experten von „aid“, einem Informationsdienst in Kooperation mit dem Bundesernährungsministerium, beobachtet.

Auslöser für eine Erkrankung ist ein gestörtes Transportsystem im Darm. Nach dem Genuss süßer Früchtchen kann die Fruktose nicht oder nur noch begrenzt von den Zellen der Dünndarmschleimhaut aufgenommen werden. Sie wandert dann in den Dickdarm. Dort führt der Versuch, sie zu verdauen, zu Gasen - und den oft schmerzhaften Bauchkrämpfen. Wie stark die Reizdarmsymptome ausfallen, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Außerdem wird der Transport durch Sorbit, das ist ein Zuckeralkohol, blockiert. Fruktose und Sorbit (E 420) wurden in den vergangenen Jahren massiv in der Lebensmittelindustrie eingesetzt, etwa als Zuckerersatz in kalorienreduzierten Produkten wie Diät-Joghurt oder Light-Konfitüren oder auch in Diabetiker-Angeboten, in Softdrinks, Süßigkeiten, Kaugummis.

Versteckte Fruktose-Quellen

So wird der Fruchtzucker leichter verdaut: Obst nur  als Nachtisch nach einer Hauptmahlzeit essen. (Bild: Imago)
So wird der Fruchtzucker leichter verdaut: Obst nur als Nachtisch nach einer Hauptmahlzeit essen. (Bild: Imago) © imago stock&people

Steht die Diagnose Fruktose-Unverträglichkeit fest, heißt es für den Betroffenen: Die Ernährung unter Anleitung erfahrener Ernährungsberater umstellen, rät die Biologin Stahlhut. Stark fruchtzuckerhaltiges Obst und Gemüse, Trockenfrüchte, Obstsäfte oder -kompott gehören möglichst gemieden. Der komplette Verzicht ist aber nicht ratsam. Sonst wird der Darm entwöhnt, so dass bald schon geringste Mengen zu Beschwerden führen können.

Schwerer ist es, Süßungsmitteln wie Sorbit oder Mannit aus dem Weg zu gehen. Oder versteckten Fruchtzucker-Quellen in industriell gefertigter Nahrung.

Im Kampf gegen Diabetes galt Fruktose lange Zeit als der „gesündere“ Zucker und ist deshalb weit verbreitet. Vieles wird inzwischen auch mit stark fruktosehaltigem Maissirup gesüßt, dessen Verbrauch sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht hat. Wer die Krankheit hat, muss deshalb aufpassen: Die für viele Erwachsene kritische Menge von 25 Gramm Fruktose täglich wird bereits mit einem halben Liter handelsüblicher Limonade überschritten. Auch Honig besteht zu 35 Prozent aus Fruktose. Normaler Haushaltszucker ist für Betroffene dagegen gut verträglich. (dapd)