Leipzig. .
Medizinern zufolge sind Diabetiker-Lebensmittel unnötig, können sogar schaden. Deshalb sollen sie künftig aus den Supermarktregalen verschwinden. Eine entsprechende Änderung der Diätverordnung soll jetzt beschlossen werden.
Ernährungsexperten und Mediziner halten speziell für Diabetiker angepriesene Kekse, Brotaufstriche, Fertiggerichte oder Schokolade schon seit längerem für überflüssig. Die Regelungen etwa zur Kennzeichnung dieser Produkte, die ganze Regale in Supermärkten oder Reformhäusern füllen, sollen deshalb gestrichen werden. Der Bundesrat wird voraussichtlich an diesem Freitag eine entsprechende Änderung der Diätverordnung beschließen.
Was schreibt die bisherige Diätverordnung vor?
Diabetiker wurden lange dazu angehalten, Zucker in der Nahrung streng zu kontrollieren und Broteinheiten (BE) abzuzählen, die eine bestimmte Menge an Kohlenhydraten angeben. Darauf basieren auch die Vorgaben in der Verordnung. Sie regelt unter anderem die Verwendung bestimmter Zuckeraustauschstoffe wie Fruchtzucker, den Gehalt an Kohlenhydraten in Diät-Bier oder dass Diabetiker-Brot nur einen Brennwert von höchstens 840 Kilojoule pro 100 Gramm haben darf. Die Produkte müssen zum Beispiel mit dem Zusatz „zur besonderen Ernährung bei Diabetes mellitus“ gekennzeichnet sein.
Was soll geändert werden?
Das Bundesverbraucherschutzministerium will die Verordnung „dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand“ anpassen. Die Kennzeichnungspflicht entfällt demnach. Auch den Warnhinweis „Für Diabetiker nicht geeignet“ bei bestimmten süßstoffhaltigen Diät-Lebensmitteln soll es nicht mehr geben. Die Rezeptur für Diabetiker-Schokolade, die Zuckeralkohol und Süßstoff enthält, muss geändert werden, weil sie nicht den Vorgaben für normale Schokoladen entspricht.
Wie lange sind die Spezialprodukte noch im Handel?
Es gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren, während der die Unternehmen ihre Lebensmittel weiter produzieren können. Danach dürfen die Produkte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch verkauft werden. Sie werden also noch einige Zeit in den Regalen liegen.
Aus welchem Grund werden Diabetiker-Lebensmittel abgeschafft?
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hat bereits vor zwei Jahren kritisiert, die Lebensmittel seien „aus ernährungsphysiologischer Sicht“ überflüssig. Diabetiker sollten sich stattdessen an die Ernährungsempfehlungen halten, die auch für die Allgemeinbevölkerung gelten. Diabetes sei keine reine „Zuckerkrankheit“, sondern gehe auch mit Störungen des Eiweiß- und Fettstoffwechsels einher. Für Zuckeraustauschstoffe wie Fruchtzucker konnte demnach kein Nutzen nachgewiesen werden. Neue Medikamente ermöglichen laut BfR Diabetikern zudem eine große Flexibilität bei der Zusammenstellung ihrer Kost.
Haben die Spezial-Lebensmittel auch Nachteile?
Nach Ansicht von Diabetes-Experten wiegen die Produkte Betroffene oft in trügerischer Sicherheit und schaden manchmal sogar. Zahlreiche Lebensmittel enthalten hohe Anteile ungünstiger Fette, die die Gewichtsprobleme vieler Diabetiker noch verstärken. Viele Betroffene meinen jedoch, sich mit diesen Lebensmitteln etwas Gutes zu tun, und glauben, sie könnten unbegrenzt davon essen. Zudem sind die Spezial-Produkte in der Regel teurer als übliche Lebensmittel.
Worauf sollten Diabetiker bei ihrer Ernährung achten?
Empfohlen wird eine ballaststoff- und vitaminreiche Ernährung. Obst und Gemüse, Salat, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Fette Wurst- und Käsesorten sollten hingegen ebenso weitgehend gemieden werden wie Schokolade, Kuchen und Kartoffelchips. Diabetiker sollten fettarme Milchprodukte wählen und zum Kochen Öl statt Butter verwenden.
Wie sollen sich Betroffene orientieren?
Das BfR und auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft fordern eine erweiterte, einheitliche Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln. Angaben zum Brennwert, zum Anteil an Eiweiß, Zucker, Fetten, gesättigten Fettsäuren, Salzen und Ballaststoffen würde Diabetikern die Auswahl erleichtern. Nur so sei es Diabetikern möglich, ihr Insulin korrekt zu dosieren und ihre Ernährung zuverlässig zu planen. (afp)