Berlin. Der Organmangel in Deutschland ist hoch. Das neue Online-Organspende-Register soll helfen. Unserer Autorin geht das nicht weit genug.
Knapp 8.400 Menschen warten in Deutschland auf ein neues Organ. Der Bedarf ist hoch. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DCSO), die jede Organentnahme bei uns begleitet, gab es vergangenes Jahr insgesamt 965 Spenderinnen und Spender. Eingepflanzt wurden immerhin 2985 Spenderorgane – viele davon kamen aus dem umliegenden Ausland. Fachgesellschaften zufolge sterben täglich etwa drei Patientinnen und Patienten auf der Warteliste.
Um hier gegenzusteuern, startete nun auch bei uns ein Online-Organspende-Register. Seit dem 18. März 2024 kann jede und jeder, der mindestens 16 Jahre alt ist, seinen Willen und die Bereitschaft, seine Organe (oder einen Teil davon) nach seinem Tod zu spenden, rechtssicher, freiwillig und kostenlos von zu Hause in einem zentralen Organspende-Register hinterlegen. Voraussetzung dafür: ein Personalausweis mit Onlinefunktion und PIN (eID).
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Organspende: Widerspruchslösung könnte das eigene Leben retten
Das ist erstmal eine gute Sache. Schließlich schafft eine Registrierung Klarheit – etwa für Angehörigen, sollte im Falle eines Hirntods weder eine Patientenverfügung noch ein Organspendeausweis auffindbar sein. Auch berechtigte Krankenhäuser können ab Juli anhand der Daten potenzielle Spenderinnen und Spender leichter identifizieren. Doch die Frage bleibt: Registrieren sich nun tatsächlich mehr Spendewillige?
Schon jetzt sind viele Deutsche grundsätzlich zur Organspende bereit, dokumentieren dies aber nicht. Hinzukommen diejenigen, die sich mit dem Thema gar nicht wirklich befassen, denen es egal ist. Und das, obwohl die Wahrscheinlichkeit, selbst ein Spenderorgan zu benötigen, deutlich höher ist, als selbst Organspender zu werden. Die Einführung eines Online-Registers allein wird daher nicht die Lösung sein. Es braucht dringend verstärkt Informations- und Aufklärungsarbeit – besser noch: einen Wechsel von der erweiterten Zustimmungslösung zur Widerspruchslösung, so wie in vielen unserer Nachbarländer.
Dann wäre für die Organentnahme nicht mit mehr die aktive Zustimmung des Betroffenen zu Lebzeiten, die Zustimmung eines engen Angehörigen oder eines Bevollmächtigten erforderlich. Dann käme wie etwa in Frankreich, Italien, Österreich, Spanien, Belgien oder den Niederlanden jeder Mensch als Organspender infrage – außer er hat zu Lebzeiten widersprochen oder einer der nächsten Angehörigen tut dies nach seinem Tod. In diesen Ländern werden nachweislich mehr Organe gespendet. Zum Vergleich: In Spanien beträgt die Wartezeit auf eine Spenderniere im Schnitt ein Jahr – in Deutschland sind es aktuell noch acht bis zehn Jahre.