Dannenberg (dpa/tmn). Immer mehr Bundesländer machen den Weg frei für die Einfuhr von Antibiotika-Säften, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Ein Apotheker erklärt, was Eltern dazu wissen sollten.

Das Kind hat Scharlach - und Penizillin ist kaum zu bekommen. Das erleben derzeit viele Familien aufgrund der Lieferengpässe bei Medikamenten.

Immer mehr Bundesländer erlauben deshalb vorübergehend den Import von Antibiotika-Säften aus dem Ausland, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Schon bald könnten sie in den Apotheken über den Tresen gehen.

Doch schon jetzt haben Eltern Fragen: Was heißt es, wenn so ein Medikament in Deutschland nicht zugelassen ist? Bedeutet das, dass diese Antibiotika-Säfte automatisch weniger sicher sind?

Fehlende Zulassung muss nicht an Mängeln liegen

Nein, sagt Alexander Schmitz, der in Dannenberg (Niedersachsen) und Umgebung fünf Apotheken betreibt. Denn dass ein Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen ist, kann unterschiedliche Gründe haben.

„Der wesentliche Grund wird sein, dass der jeweilige Hersteller kein Interesse am deutschen Markt hat“, sagt Schmitz. Hat ein Unternehmen nicht vor, ein bestimmtes Arzneimittel in Deutschland zu verkaufen, bemüht es sich hier auch nicht um eine Zulassung. Das muss aber nicht bedeuten, dass das Medikament die Anforderungen hierzulande nicht erfüllen würde.

Zuständig für die Zulassung von Medikamenten in Deutschland ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). „Dass tatsächlich das BfArM Bedenken hatte - das ist die unwahrscheinlichste Ursache dafür, warum ein Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen ist“, lautet die Einschätzung von Apotheker Schmitz.

Anforderungen an Arzneimittel sind EU-weit ähnlich

Ist ein Antibiotika-Saft in einem anderen EU-Land zugelassen, ist das Risiko laut Schmitz gering, dass er nicht sicher ist. „Man kann davon ausgehen, dass die Zulassungsvoraussetzungen, die Herstellbedingungen und die Prüfstandards in der Qualität nahe an denen von Deutschland sein werden“, sagt er. Denn Anforderungen an Arzneimittel sind EU-weit ähnlich - wenn auch nicht identisch.

Schmitz, selbst Vater von fünf Kindern, kommt daher zum Fazit: „Ich würde meinen Kindern in der EU zugelassene Antibiotika-Säfte verabreichen, ganz ruhigen Gewissens.“

Was Eltern wissen sollten: Die Haftungsfragen, die aufkommen können, sollte das Medikament Schaden anrichten - sie sind nicht im Detail geklärt. Aber: „Es kommt extrem selten vor, dass Arzneimittel, die in der EU zugelassen sind, wirklich Menschen schädigen. Es sei denn, sie werden falsch oder fehlerhaft angewendet.“

Arzt und Apotheke geben Einschätzung

Im besten Fall bleiben Eltern mit ihren Sorgen nicht allein. „Es sollte so sein, dass Arzt und Apotheke dann zusammenarbeiten“, sagt Schmitz. Etwa indem die Apotheke mit dem Arzt oder der Ärztin Rücksprache hält, wenn sie bei einem verschriebenen Wirkstoff einen Import aus dem EU-Ausland ausgeben möchte. „Und dann liegt es in den Händen des Arztes, eine Risikoabwägung durchzuführen“, sagt Schmitz.

Der Apotheker rechnet übrigens nicht damit, dass allzu viele Antibiotika-Säfte aus dem Ausland hierzulande über den Tresen gehen werden. Denn einen Mangel an Penizillin etwa gibt es nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. „Es ist ein viel zu kleines Pflaster auf einer immer größer werdenden Wunde.“