Berlin. Dutzende Forschergruppen suchen weltweit nach einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2, mit dem die Corona-Pandemie eingedämmt werden könnte. Einige wenige Wirkstoffe werden bereits in klinischen Studien getestet. Nun ist auch ein deutsches Unternehmen dabei.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat erstmals in Deutschland eine Zulassung für die klinische Prüfung eines Impfstoff-Kandidaten gegen das neuartige Coronavirus erteilt.
Das Mainzer Unternehmen Biontech erhält demnach die Genehmigung, seinen Wirkstoff zu testen, wie das PEI mitteilte. Laut Biontech soll es Tests an rund 200 gesunden Freiwilligen geben.
"Die Erprobung von Impfstoffkandidaten am Menschen ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu sicheren und wirksamen Impfstoffen gegen Covid-19 für die Bevölkerung in Deutschland und darüber hinaus", teilte das PEI mit. Die Genehmigung sei das Ergebnis einer sorgfältigen Bewertung des potenziellen Nutzen-Risiko-Profils des Impfstoffkandidaten.
Biontech kooperiert bei der Entwicklung des Impfstoffs mit dem Pharmaunternehmen Pfizer.
In der klinischen Studie der Phase I/II soll unter anderem grundlegend die Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoff-Kandidaten geprüft werden. Der von Biontech entwickelte Wirkstoff gehört in die Gruppe der genbasierten Impfstoffe. Diese enthalten genetische Informationen des Erregers. Im Körper werden daraus Proteine hergestellt, gegen die das Immunsystem Abwehrstoffe bildet. Biontech arbeitet bisher vorrangig an der Entwicklung von Immuntherapien gegen Krebs.
Seit Ausbruch der Covid-19-Epidemie sind nach Angaben des Verbands forschender Arzneimittelhersteller mindestens 80 Impfstoffprojekte angelaufen, vier Wirkstoffe werden demnach bereits in klinischen Studien in China und den USA getestet.
In Deutschland werden nach Angaben von PEI-Präsident Klaus Cichutek in diesem Jahr voraussichtlich insgesamt vier klinische Studien mit einem Impfstoffkandidaten starten. Dass bereits in diesem Jahr ein erster zugelassener Impfstoff für die allgemeine Bevölkerung bereit steht, hält Cichutek für unwahrscheinlich.
Haben Forscher eine Substanz gefunden, von der sie annehmen, sie lasse sich als Impfstoff einsetzen, durchläuft dieser Impfstoff-Kandidat eine Prüfung in mehreren Schritten. Nach erfolgreichem Abschluss kann ein Antrag auf Zulassung als Impfstoff gestellt werden. So läuft die klinische Prüfung ab:
- In sogenannten präklinischen Studien wird mit Zell- und Tierversuchen zunächst die grundsätzliche Sicherheit und Wirksamkeit des Kandidaten geprüft.
- Phase I der klinischen Prüfung beginnt mit wenigen gesunden Freiwilligen. Diese Phase dient vor allem dazu, die Verträglichkeit eines Wirkstoffs sicherzustellen. Sie kann auch mit der nächsten Phase kombiniert werden.
- In der sich anschließenden Phase-II-Studie wird meist an einigen Hundert Menschen untersucht, ob der Testkandidat wirkt. Im Falle eines Impfstoffes heißt das also zum Beispiel, es wird geprüft, ob schützende Antikörper gebildet werden. In dieser Phase soll unter anderem auch geklärt werden, wie, wie oft und in welcher Dosis der Impfstoff am besten verabreicht wird.
- In die dritte Phase der klinischen Prüfung werden schließlich Tausende Menschen einbezogen. Die Ergebnisse sind für die Anträge auf Zulassung eines Impfstoffes von entscheidender Bedeutung.
- Phase-IV-Studien folgen nach der Zulassung. Sie dienen zum Beispiel dazu, seltene Nebenwirkungen zu erkennen oder spezielle Fragestellungen an bestimmten Patientengruppen zu untersuchen.