Solingen/Witten. In vielen Schlafzimmern wird nachts um Luft gerungen. Atemaussetzer machen nicht nur müde, sie fördern auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Sie können viele Sekunden dauern und bedeuten enormen Stress für den Körper: nächtliche Atemaussetzer, auch Schlafapnoe genannt. „Neun bis 17 Prozent der Deutschen sind davon betroffen“, sagt Professor Winfried Randerath, Professor an der Universität Köln und Chefarzt des Krankenhaus Bethanien, Klinik für Pneumologie (Lungenheilkunde) und Allergologie in Solingen. Er ist Vorstandsmitglied der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin und weiß nicht nur, wie Atemaussetzer entstehen, sondern auch, wie sie behandelt werden.
Warum bleibt vielen Menschen nachts die Luft weg?
„Bei den meisten verengen sich im Schlaf die oberen Atemwege vom Zungengrund bis zum Kehlkopfeingang. Dann kommt schlicht keine Luft mehr durch“, sagt Randerath. Der Fachausdruck hierfür lautet Obstruktive Schlafapnoe (OSAS). Rund 80 Prozent der Patienten sind laut dem Experten davon betroffen – viele von ihnen, weil sie Übergewicht haben, und zwar nicht nur auf den Hüften, sondern auch am Gaumen. Wenn sich im Schlaf dann noch die Muskulatur entspannt, ist der Hals „dicht“, oft mehr als zehn Sekunden lang. „Das passiert auch bei einer ungünstigen Kieferstellung, einer Art fliehendem Kinn.“
Gibt es noch andere Formen der Schlafapnoe?
Es kann auch sein, dass der Körper erst gar keinen Befehl zum Atmen erhält. „Das nennt man zentrale Schlafapnoe“, sagt Winfried Randerath und erklärt: „Die Atmung entsteht im Hirnstamm, von dort aus steuern Nervenzellen die entsprechende Muskelaktivität.“ Durch eine schwere Herzschwäche, die Einnahme von Schmerzmitteln oder infolge eines Schlaganfalls könne dieser Automatismus außer Kraft gesetzt werden – häufig ohne dass die Betroffenen es merken.
Sind alle gefährlich?
„Ja“, betont der Experte. Einerseits ist das Risiko kurzfristig, weil der Körper sich selbst bei den Atemaussetzern immer wieder weckt. Die Folge: Der Schlaf wird unruhig und kaum erholsam. Andererseits steigt die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch einen hohen Blutdruck oder Herzrhythmusstörungen infolge der Apnoe. Hinzu kommt, dass man tagsüber leicht einschläft – auch am Steuer, was zur Folge hat, dass Menschen mit Schlafapnoe nur Auto fahren dürfen, wenn sie behandelt werden.
Woran merken Menschen, die allein schlafen, dass sie betroffen sind?
Sie fühlen sich schlapp und können sich schwer konzentrieren. „Das gilt vor allem für Frauen, bei denen die Schlafapnoe oft nicht erkannt wird“, erklärt Winfried Randerath. Männer, vor allem im Alter ab 40 bis 60 Jahren, die ein paar Pfunde zu viel auf die Waage bringen, sind am häufigsten betroffen und schlafen tagsüber häufiger zwischendurch ein als Frauen. Wer die beschriebenen Symptome bei sich feststellt, sollte sie seinem Hausarzt schildern. Mit einem Messgerät und bei einem Besuch im Schlaflabor lässt sich dann feststellen, ob der Atem tatsächlich nachts aussetzt.
Wie sieht die Behandlung aus?
„Bei der häufigen obstruktiven Schlafapnoe geht es vor allem darum, die Atemwege frei zu bekommen“, sagt Lungenexperte Randerath. Manchen Apnoe-Patienten helfe es schon, wenn sie ein paar Kilo abnehmen. Unmittelbar ist dennoch meist die CPAP-Maske (steht für Continous Positive Airways Pressure) die effektive Lösung, die heute in vielen, auch leichter als früher tragbaren Varianten hergestellt wird. Sie bläst den Schläfer ständig mit einem leichten Luftzug an. Auf diese Weise verhindert ein Überdruck in den Atemwegen, dass die erschlafften Muskeln den Rachenraum verschließen.
Dann gibt es noch die so genannten „Schnarcherschienen“, der Fachausdruck lautet „Protrusionsschienen“. „Darin ausgebildete Zahnärzte passen sie individuell an und bringen damit den Unterkiefer in eine vorgerückte Position. Auf diese Weise kann die Zunge nicht in den Rachen rutschen und die Atmung behindern“, erklärt der Düsseldorfer Zahnmediziner Dr. Hansjörg Lammers.
Was zahlen die Kassen?
Die Kosten für die Masken-Therapie übernimmt die Krankenkasse, wenn eine Schlafapnoe nachgewiesen ist. „Im Einzelfall wird auch die Herstellung der Schienen, die rund 750 Euro kosten kann, erstattet. Das muss man mit seiner Kasse klären“, sagt Professor Winfried Randerath.