Bochum. Bei Arthrose, Muskel- oder Sehnenbeschwerden gibt es eine Alternative: ACP. Das ist eine Form der Eigenbluttherapie. Die Kassen zahlen allerdings nicht.

Es zwickt im Kniegelenk, pocht in der Hüfte. Gelenkverschleiß gilt als Volkskrankheit. Die Deutsche Arthrose-Hilfe geht davon aus, dass etwa fünf Millionen Männer und Frauen in Deutschland unter solchen Beschwerden leiden, ältere häufiger als jüngere. Oft sind Gelenke betroffen, die das Gewicht halten müssen. Deshalb raten Ärzte übergewichtigen Patienten dringend zum Abspecken. Auch Bewegung ohne zu große Belastung (beispielsweise Radfahren), Physiotherapie, Medikamente oder eine Operation können helfen, so die Erkenntnisse der Arthrose-Hilfe.

Zu den bereits bekannten Methoden gesellt sich neuerdings eine noch recht junge Behandlung, von der sich Sportärzte und Orthopäden einiges versprechen, sie heißt ACP. ACP steht für „autologes conditioniertes Plasma“ und ist eine Form der Eigenbluttherapie. Der Bochumer Sportmediziner Dr. Joachim Schubert war vor sieben Jahren einer der ersten Ärzte in der Region, die ACP bei Patienten mit Gelenkbeschwerden eingesetzt haben. Heute sagt er: „Aus meiner Sicht ein Meilenstein in der Medizin, dieser Methode gehört die Zukunft.“

Die Behandlung

Die Behandlung läuft so ab: Mit einer feinen Kanüle wird dem Patienten Blut aus der Armvene entnommen, etwa zehn Milliliter pro Sitzung. Dieses Blut landet in einem Röhrchen und wird umgehend in einer plattenspielergroßen Box, der Zentrifuge, aufbereitet. Nach etwa fünf Minuten wird das Röhrchen wieder entnommen. Der Inhalt hat sich aufgetrennt, übrig bleiben fünf Milliliter Plasma mit Blutplättchen (Thrombozyten). Der „Schleudergang“ in der Zentrifuge soll diese körpereigenen Blutplättchen aktivieren, die für ihre Wachstums- und Heilfaktoren bekannt sind. Sie werden nun in konzentrierter Menge in den Körper des Patienten zurückgeschickt. Das geschieht mit einer Injektion direkt an die betroffene, kranke Stelle, also beispielsweise in das Arthrose-Knie.

Die Wachstumsfaktoren sollen im Gelenk entzündungshemmend wirken und die Regeneration und Stabilisation der noch vorhandenen Knorpelstrukturen fördern. „Etwa 15 Minuten dauert die komplette Behandlung“, sagt der Arzt. Meist empfiehlt er seinen Patienten fünf ACP-Termine im Abstand von jeweils einer Woche. Nebenwirkungen seien keine zu erwarten, weil es sich um einen Bestandteil des Blutes handele. Bildlich gesprochen kann man sich das so vorstellen: Im körpereigenen Blut werden die Helfer zusammengetrommelt und als Mannschaft auf eine Baustelle geschickt, um hier aufzuräumen.

Im Profisport

Wo wir gerade bei der Mannschaft sind: Joachim Schubert war unter anderem Vereinsarzt des VfL Bochum und betreut bis heute viele Spitzensportler. Er pflegt einen engen Kontakt zur Fußballszene und sagt: „Auch beim Deutschen Fußballbund ist ACP ein großes Thema.“ Im Profisport sei diese Therapie schon längere Zeit verbreitet, vor allem in Ländern wie den USA. Auf der Dopingliste taucht sie nicht auf, das macht den Einsatz ungefährlich. Schubert geht davon aus, dass sie sich auch in Deutschland durchsetzen wird – aber er weiß, dass es auch Skeptiker gibt.

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Die Kritiker

Zu den Kritikern gehört das Team des IGeL-Monitors, eine Initiative des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, die den Nutzen und Schaden von IGeL-Leistungen untersucht. IGeL sind die „individuellen Gesundheitsleistungen“, also Behandlungen, die der (Kassen-) Patient selbst zahlen muss – unter anderem ACP. „Die Eigenbluttherapie gehört in den Bereich der Alternativmedizin und ist in der wissenschaftlichen Medizin kein anerkanntes Verfahren“, sagt Dr. Christian Weymayr, Projektleiter beim IGeL-Monitor in Essen. Er erinnert daran, „dass dem Blut schon seit dem Mittelalter etwas Mystisches anhaftet“.

Der IGeL-Monitor hat Eigenbluttherapien beim Tennisarm mit „tendenziell negativ“ bewertet. Bei Gelenk-, Muskel- und Sehnenbeschwerden oder bei Arthrose könne der Schmerz grundsätzlich schwanken, unabhängig davon, ob und wie er behandelt werde. „Oft werden die Selbstheilungskräfte des Menschen unterschätzt“, erklärt Weymayr.

Einsatzmöglichkeiten

Sportmediziner wie Schubert und viele Orthopäden vertreten eine andere Meinung. „In unserem Bereich zählt die Empirie, die Erfahrung sehr viel“, sagt der Bochumer und nennt als Beispiel einen ehemaligen Fußballbundesliga-Profi, dessen Teilabriss der Achillessehne er innerhalb von sechs Wochen mit Hilfe von ACP wieder hinbekommen habe. Er hält die Therapie für sinnvoll bei Arthrose in jedem Stadium, bei Sehnen- oder Muskelverletzungen. In einigen Sportkliniken werde ACP zudem zum Abschluss einer Operation eingesetzt. Joachim Schubert betont aber auch, dass die Therapie oft erst komplett wird im Zusammenspiel mit weiteren Behandlungen, einer Physiotherapie oder – bei Übergewicht – einer Gewichtsabnahme.

Kosten und Anbieter

Neben dem Bochumer Dr. Joachim Schubert bieten einige weitere Orthopäden und Sportmediziner zwischen Rhein und Ruhr die ACP-Therapie an. Adressen finden sich über die Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe. Dort kann allerdings nicht direkt nach dem Angebot ACP gesucht werden. Patienten sollten mit ihrer ausgewählten Praxis Kontakt aufnehmen und gezielt danach fragen.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht, von den privaten einige schon.
Eine ACP-Sitzung kostet etwa 80 Euro. Empfohlen werden meist fünf Sitzungen in kurzer Folge sowie Auffrisch-Termine.