Essen. Sein künftiges Gymnasium verlangt Selbstständigkeit vom Sohn unseres Autors. Warum das für die ganze Familie bedeutet, sich umgewöhnen zu müssen.
Diese Sommerferien werden hart. Sie werden für mich und meine Frau bedeuten, wieder ein ordentliches Stück loslassen zu müssen.
Jedenfalls dann, wenn wir die Hausaufgaben ernst nehmen, die uns der Erprobungsstufenleiter beim Kennenlernnachmittag an der weiterführenden Schule unseres Sohnes gegeben hat. „Es kommt auf Selbstständigkeit an“ – das war seine Hauptbotschaft. Dass Kind brauche ein halbes Jahr, um den Systemwechsel von Grundschule auf Gymnasium richtig zu verarbeiten. Aber indem wir nicht mit dem Elterntaxi losfahren, nicht die Sportsachen herauslegen, nicht selbst alle Hausaufgabenpläne im Blick behalten, könnten wir unser Kind viel besser beim neuen Lebensabschnitt unterstützen, als wenn wir ihm alles (inklusive Pausenbrot) auf dem Silbertablett servieren.
Das gehört zur Selbstständigkeit dazu
Das klang sinnvoll. Allerdings bedeutet das für uns eine gewisse Umstellung. Aktuell kann ich als offizieller Dreckswäscheverantwortlicher schließlich auch mal ein Chaos im Waschkeller hinterlassen. Ich bin in erster Linie derjenige, der sich dort zurechtfinden muss. Aber was ist, wenn jetzt mein Sohn seine Sporthose selbst heraussuchen soll? Dann sollte er die Hose zumindest da finden, wo sie hingehört.
Das Frühstück ist auch so ein Thema. Wenn ich vergesse, die Butter rauszustellen, dann bin ich aktuell nun mal derjenige, der damit klarkommen muss, den harten Block auf das Pausenbrot zu schmieren, ohne dieses dabei zu zerrupfen. Wenn sich mein Sohn jetzt auch mal selbst eine Knifte schmiert, dann sollte ihm doch ermöglicht werden, die Butter geschmeidig aufs Brot zu befördern. Kurzum: Man sollte als Eltern schon den Raum schaffen, damit sich das Kind zufrieden als der eigene Herr erleben kann.
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Vielleicht gehört aber auch gerade das zur Selbstständigkeitslehre dazu. Einfach mal damit klarkommen zu müssen, dass die Butter im Leben gelegentlich steinhart ist.
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako ist 2014 mit Anfang 20 Vater geworden. Seitdem erzählt der Essener in seiner Kolumne – immer mit einem Augenzwinkern – von dem chaotischen Leben mit seiner Familie.