München. Auf 50 Seiten dröselt das Landgericht München II den Fall des Steuerhinterziehers Uli Hoeneß nun auch öffentlich auf. Ein brisantes Detail ist der Wortlaut der Selbstanzeige des früheren Bayern-Präsidenten. Sie brachte die Ermittlungen erst ins Rollen.
Siebeneinhalb Monate nach der Verurteilung von Uli Hoeneß liegt die detaillierte Urteilsbegründung jetzt der Öffentlichkeit vor. Nach Ablauf einer Stellungnahmefrist für die Verteidiger des früheren Präsidenten des FC Bayern München machte das Landgericht München II das 50-seitige Dossier am Donnerstag in teilweise anonymisierter Form publik. In der Lektüre wird die Kriminalgeschichte von Ulrich H. nochmals in allen Details nacherzählt: vom Beginn mit teils hochriskanten Devisenspekulationen in den 1990er Jahren über mehrfache Steuerhinterziehung in Millionenhöhe bis hin zum großen Knall - Hoeneß' Verurteilung.
Dass Urteile veröffentlicht werden, ist keine gängige Praxis in Deutschland. Das Gericht muss zwischen den Persönlichkeitsrechten von Hoeneß und dem öffentlichen Anspruch auf Veröffentlichung des schriftlichen Urteils abwägen. Im brisanten Fall des einstigen Fußball-Patriarchen entschieden sich die Juristen jetzt für ein Signal der Transparenz mit Einschränkungen. Denn wer nicht eingelesen ist, verliert schnell den Überblick. Die Rede ist etwa von einem Zeugen T., einem Magazin F., einem Journalisten Z., einem Oberamtsrat U. und einem Finanzamt M.; auch Zahlen sind teilweise nicht exakt einzusehen. Grund seien der Persönlichkeitsschutz und das Steuergeheimnis, hieß es beim Oberlandesgericht München.
"Fremdmittel in erheblicher Höhe?"
Ansonsten bietet das Papier durchaus interessante Passagen. So schloss das Gericht nicht aus, dass Hoeneß auch "Fremdmittel in erheblicher Höhe" zur Verfügung gestanden hätten. In manchen Jahren hob er teils sechsstellige Euro-Summen ab.
Einblicke gewährt die Urteilsbegründung auch in die von Hoeneß' letztlich als unzureichend befundene Selbstanzeige. "Die Selbstanzeige war für unseren Mandanten unumgänglich, da das beabsichtigte Steuerabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz nicht zustande gekommen ist", heißt es in dem Schreiben von Hoeneß' damaligem Steuerberater ans Finanzamt vom 17. Januar 2013.
"Selbstverständlich bieten wir Ihnen an, nach Eingang der Bankbelege die Überprüfungsmöglichkeit so einfach wie möglich zu gestalten", heißt es dort weiter. Allerdings tauchten entscheidende Unterlagen erst kurz vor dem Prozess auf, die letzten wichtigen Daten erst fünf Tage vor dem Beginn.
Startschuss zur Steueraffäre
Der Brief war der Startschuss der Steueraffäre Ulrich H., wie auch die Richter befanden: "Der Angeklagte hat sich mit seiner - überstürzten - Selbstanzeige selbst steuerstrafrechtlichen Ermittlungen ausgeliefert." Mangels einer Rechtshilfe in Fällen einfacher Steuerhinterziehung wären die Ermittlungen den Angaben zufolge nicht mit einem solchen Erfolg geführt worden, wenn "sich der Angeklagte durch seine - insbesondere zuletzt - rückhaltlose Kooperation nicht geradezu "ans Messer geliefert" hätte".
Am 13. März war Hoeneß wegen Steuerhinterziehung von insgesamt 28,5 Millionen Euro dann zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Inzwischen durfte der 62-Jährige allerdings schon zweimal Ausgang vom Gefängnis genießen. Wann er Freigänger wird und damit tagsüber außerhalb der Haftanstalt arbeiten darf, verraten die Justizbehörden noch nicht. Allgemein wird erwartet, dass es schon bald so weit ist.
Dann müsste Hoeneß nur nachts zum Schlafen hinter Gitter. Mehrtägige Abwesenheiten oder gar Auslandsreisen kommen allerdings nicht infrage - dazu zählen freilich auch die Champions-League-Trips mit seinem geliebten FC Bayern. (dpa)