Sundern. Im idyllisch gelegenen Ortsteil Brenschede gibt es kein Handynetz und auch kein brauchbares Internet.
In den Himmel ist der Kontakt gut. Die Satellitenverbindung steht, das Navigationsgerät weist den Weg ohne Probleme in dieses kleine Paradies: zum „Klostergut Brenschede“. Ein Jahrhunderte alter Hof, idyllisch am Waldrand gelegen, der als Kulisse für eine Heimatfernsehserie vom Format „Forsthaus Falkenau“ taugen würde. Von hier aus verwaltet Holger Hengesbach das etwa 200 Hektar große Forstgut der Familie.
Auf der Erde aber ist der Kontakt alles andere als paradiesisch. Das Tal ist eng. Zwei Handvoll Häuser passen zwischen die Hügel und den Wald links und rechts der einzigen Straße, die durch das Dorf Sundern-Brenschede führt. Wenige weitere stehen an der Stichstraße, die im Ort abzweigt. 15 Gebäude sind es insgesamt hier in diesem „Tal der Ahnungslosen“.
Langsame 8 Kilobyte pro Sekunde von nur einem Anbieter
Denn von der modernen Kommunikation ist das Örtchen abgeschnitten. Von Sundern kommend geleiten alte Freileitungen die Straße ins Dorf. Telefon also gibt es als immerhin. „Ein Handynetz aber haben wir nicht“, erklärt Holger Hengesbach. Nicht mehr, seitdem die Telekom einen Turm im Besitz der Bundeswehr auf der Homert nicht mehr nutzt, sondern stattdessen hinter dem Berg einen eigenen Mast errichtet hat. Seitdem erreicht das Signal das kleine Tal nicht mehr. „Wenn ich mit dem Handy telefonieren möchte, muss ich den Berg hinauf“, erklärt Holger Hengesbach.
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Schnelles Internet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde gibt es nach Angaben des Hochsauerlandkreises in 80 Prozent der Haushalte. In Brenschede allerdings kommt davon nichts an. 8 Kilobyte pro Sekunde werden hier über ISDN übertragen. Eine teure Angelegenheit, „weil nur noch ein Anbieter eine Flat damit anbietet“, erklärt Holger Hengesbach. Und viel zu langsam obendrein: „Geduld hilft da nichts“, sagt er. Bevor man sich irgendwo eingeloggt, eine Seite aufgerufen oder gar ein Dokument heruntergeladen habe, breche die Verbindung schon wieder ab.
Kabelfernsehen gibt es auch nicht
Kabelfernsehen, das man ebenfalls für die Datenübertragung nutzen könnte, gibt es auch nicht. Und eine Richtfunklösung, die der Kreis für kleine, abgelegene Ortschaften anbietet, wenn 20 Haushalte zusammenkommen, tauge für das Dorf mit 15 Häusern und 68 Einwohnern nicht, so Hengesbach. „Dafür ist unser Tal zu eng. Und es kämen viel zu wenige Haushalte zusammen.“
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Auch deshalb, weil sich einige, wie die Familie Hengesbach, selbst geholfen haben. Als die Söhne im Studium kaum mehr nach Hause kamen, da sie von hier aus die Datenbanken der Universität nicht erreichen und nicht arbeiten konnten, investierte Vater Wolfgang Hengesbach ins Internet via Satellit. 350 Euro kostete die Einrichtung, 60 Euro zahlt er jeden Monat für 30 Gigabyte. Und für eine Verbindung, die stark vom Wetter abhängig ist: „Wenn es mittelstark regnet, fällt sie aus“, so Holger Hengesbach.
Dass andere junge Leute aus dem 700 Jahre alten Dorf wegziehen und nicht mehr wiederkommen wollen, wundert Wolfgang Hengesbach also nicht. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, im Grundgesetz verankert, sieht er in seinem Tal nicht mehr gegeben.
Dass sein Sohn dennoch nach dem BWL-Studium in München zurückgekommen ist, hat er dem Wald zu verdanken, mit dem Holger Hengesbach aufgewachsen ist. Als im Jahr 2007 der Orkan Kyrill 85 Hektar zerstörte, da verschob Holger sein Studium um ein Jahr, um das Areal wieder aufzuforsten. „Das ist mein Lebenswerk“, sagt er. „Ohne den Wald wäre ich jetzt vielleicht bei BMW.“
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Den Kontakt zu den Freunden in München zu halten, fällt dem 31-Jährigen schwer ganz ohne Handy, ohne mobiles Internet, ohne Whats-App. Diese „soziale Abgeschiedenheit“ ärgert ihn.
Ratspapiere als Tablet-Datei
Nun hofft er auf das, was andere im Sauerland so sehr fürchten: auf einen Windpark. Dort nämlich ließe sich eine LTE-Antenne installieren, die bis in das enge Tal reicht.
Und er kämpft im Rat der Stadt, dem der CDU-Politiker seit der Kommunalwahl angehört, für eine bessere Infrastruktur. Die braucht er bald auch, um sein Mandat auszuüben: Denn das Sunderaner Kommunalparlament will ab Januar fast ohne Papier auskommen – allein mit Tablet-PC. Den aber kann Holger Hengesbach zu Hause nicht nutzen.