Es ist ein großer Internet-Hype: Bei der “Ice-Bucket-Challenge“ übergießen sich Menschen mit eiskaltem Wasser und bürden die Aufgabe dann drei weiteren auf. Auch Promis machen mit und stellen ihre Kübelduschen-Videos ins Netz. Aber was bringt die Aktion dem eigentlichen Zwecke — an Spenden?
Politiker tun es ebenso wie Popstars. Auch Sportler lassen sich nicht lange bitten. Die so genannte „Ice Bucket Challenge“ (IBC), bei der sich Menschen mit Eiswasser übergießen, ist der Trend dieses Sommers. Erst in den USA, mittlerweile auch in Deutschland.
Begonnen hat es im Juni in einer US-Fernseh-Show mit einigen Golfern. Von da an hat sich die Ice Bucket Challenge wie ein Schneeballsystem in der Welt verbreitet. Aber was bringt der #IceBucketChallenge-Hype dem eigentlichen Zweck — Geld für den Kampf gegen die Krankheit ALS zu sammeln? In den USA ist der Erfolg beeindruckend. In Deutschland dagegen hält er sich das Aufkommen an Großspenden noch in Grenzen.
So witzig das Ganze ist, die Sache hat einen ernsten Hintergrund.
Welche Idee steckt hinter der Aktion?
Die Ice-Bucket-Challenge ("Eiskübel-Herausforderung") soll Aufmerksamkeit auf die Nervenkrankheit ALS lenken und Spendengeld einbringen. Gestartet wurde die Aktion in den USA, wo sie sich rasend schnell über soziale Netzwerke verbreitete. Vor gut einer Woche schwappte die Challenge dann nach Deutschland.
Nominierte haben 24 Stunden lang Zeit, sich zu entscheiden: Nimmt man die Herausforderung an und übergießt sich mit Eiswasser — oder kauft man sich mit einer Spende an die ALS Association frei? Meist geschieht aber beides. Der empfohlene Betrag liegt bei 100 Dollar. Der "Gekübelte" kann drei weitere Personen nominieren.
Was ist ALS?
Amyotrophe Lateral-Sklerose ist eine degenerative Nervenkrankheit. Die Lebenserwartung liegt nach dem Ausbruch der Krankheit bei drei bis vier Jahren. Bei ALS-Patienten bauen sich unaufhaltsam die motorischen Zellen ab — Zellen also, die für Muskeln und Bewegungen zuständig sind. Die Folge sind Muskelschwund und Lähmungen.
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In Deutschland sind 4000 bis 6000 Menschen an ALS erkrankt, erklärt Horst Ganter, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM). Prominente deutsche ALS-Patienten waren der Maler Jörg Immendorff (1945-2007) und Wolfsburg-Profi Krzysztof Nowak (1975-2005). Auch der chinesische Diktator Mao Tse-tung soll an ALS gestorben sein. Astrophysiker Stephen Hawking leidet schon seit den 60ern unter ALS, allerdings unter einer seltenen, langsam verlaufenden Form.
Was bringt die Aktion in den USA — und in Deutschland?
In den USA hat die Ice-Bucket-Challenge bislang 32 Millionen Dollar gebracht. Normal wären im selben Zeitraum 2 Millionen Dollar, heißt es auf der Homepage der Organisation. Der Erfolg ist beeindruckend, zumal sich Prominente von Bill Gates bis George W. Bush mit Eiswasser übergossen und großzügig gespendet haben
In Deutschland sieht das anders aus: Laut DGM-Chef Ganter hat die Eis-Challenge seiner Organisation erst 3500 Euro an Kleinspenden eingebracht, von Privatpersonen, Arbeitskollegen oder Vereinen. Bei einem jährlichen Spendenvolumen von 600.000 Euro ist das ein Klacks. "Spenden von Prominenten haben wir bislang nicht", so Ganter. Allerdings kündigte das Medienmanagement von Mario Götze und Marco Reus am Donnerstagabend spontan an, die Spenden wohl nicht an die amerikanische ALS Association, sondern an die DGM zu spenden. Es dürfte also noch was kommen.
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Dennoch merke man, wie unterschiedlich die Spendenkultur in den USA und Deutschland sei, so Ganter. "In den USA klettern die Spenden jeden Tag um Millionen". Dennoch sei er froh über den Hype: "Es lohnt sich auf jeden Fall. Eine seltene Krankheit so stark in die Öffentlichkeit zu bringen ist sonst sehr schwierig."
Neben der DGM gebe es noch ein paar kleine, lokale ALS-Gruppen, so Ganter. Auch die Krzysztof-Nowak-Stiftung des VfL Wolfsburg sammelt Spenden. Hierhin haben bislang zumindest zwei Fußball-Promis gespendet: Mats Hummels und Christoph Metzelder, der direkt 1000 Euro überwies. "Auch sonst hatten wir viel guten Zuspruch", sagt Pressesprecherin Barbara Ertel-Leicht. Eine Übersicht über die Spenden gebe es aber noch nicht.
Haben deutsche Promis gespendet — oder sich nur übergossen?
Ganz sicher haben auch deutsche Promis an ALS-Organisationen gespendet. Aber zumindest die DGM merkt davon bislang kaum etwas. Das liegt wohl auch daran, dass viele Deutsche direkt an die amerikanische ALS Association spenden. Viele nehmen sie als internationale Organisation war. Nach Deutschland fließt das Geld aber nicht.
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BVB-Verteidiger Mats Hummels hat schon vor der Kübel-Prüfung in der BVB-Dusche angekündigt: Es geht ums Helfen, nicht nur um den Spaß. Auf Facebook postete Hummels kurz später zwei Links als Spendenempfehlung — die ALS Association aus den USA und die Krzysztof-Nowak-Stiftung. Hummels habe an beide Organisationen gespendet, wie sein Management bestätigt. Die Höhe wollte niemand verraten.
Comedian Oliver Pocher stellte sich gleich mehrfach unter die Dusche. Nachdem Angela Merkel nicht auf seine Nominierung reagiert hatte, mimte er die Kanzlerin einfach selbst. Daran fand er so viel Spaß, dass er Karl Lagerfeld und Vladimir Putin gleich hinterher schob. Auf seiner Facebook-Seite beteuert Pocher: "Und als kleine Info: JEDER MEINER Promis, natürlich auch ICH selber, spendet für die #AlsIceBucketChallenge!" Wohin und wie viel verriet sein Management aber nicht.
Ex-Handballprofi Stefan Kretzschmar war einer der ersten in Deutschland, zu denen die Challenge herüberschwappte. Er übergoss sich eigenhändig und betonte mehrfach den guten Zweck der Aktion: auf eine Krankheit aufmerksam zu machen. Ob er gespendet hat, blieb offen.
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Marco Reus (BVB) und Mario Götze (Bayern) werden vom selben Management betreut — daher gilt für beide: Die Spenden wurden am Donnerstagabend auf den Weg gebracht. Die Summe blieb auch hier geheim. Anfangs standen als Begünstigte noch die ALS Association aus den USA und die deutsche DGM im Raum. Letztere ist es am Ende geworden.
Sängerin Lena Meyer Landrut schreibt nach ihrem Eisguss auf Facebook (noch ohne Beweisvideo): "Don't forget to donate people, it's not just fun!"
Komiker Otto Waalkes trat mit bis über den Bauch gezogener Badeshorts vor die Kamera. Als einer der Wenigsten ließ er sich mit echtem Eiswürfelwasser übergießen — nicht nur mit kaltem Wasser. "ps: Geld habe ich auch gespendet...", schreibt er auf Facebook.
Schauspieler Matthias Schweighöfer (nominiert von Mario Götze) hat den Weg des Wassers gewählt und den guten Zweck zumindest auf Facebook nicht erwähnt. Ob und wohin er gespendet hat? Vom Management kam bislang keine Antwort.
Trainer Felix Magath, der von Manuel Neuer nominiert worden war, hat gleich die Spende vorgezogen — wohl mehr aus Vernunft denn aus Scheu vor dem Wasser. Auf Facebook schreibt Felix Magath: "Ich entscheide mich für den Vernungsweg. Keine Eisdusche. Ich stelle konkrete Hilfe über den öffentlichen Spaß, werde sehr gerne und aus Überzeugung eine Spende leisten, die über dem angeregten Betrag liegt."