Stuttgart. Am Ostersonntag gab es für den FC Schalke 04 in Stuttgart nichts zu holen. Beim VfB, trainiert vom ehemaligen Knappen-Coach Huub Stevens, unterlagen die Gelsenkirchener mit 1:3. Während die Schwaben nach Luft schnappen im Abstiegskampf, macht S04 es noch einmal spannend im Rennen um Platz drei.

Nach sieben ungeschlagenen Spielen in Serie hat Schalke 04 im Kampf um die Direkt-Qualifikation zur Champions League wieder einen Rückschlag hinnehmen müssen: Beim VfB Stuttgart unterlagen die Königsblauen am Sonntagabend mit 1:3 - es war erst die zweite Bundesliga-Niederlage in der Rückrunde. Der Vorsprung auf Platz vier beträgt damit jetzt noch vier Punkte: Mit zwei Siegen in den drei ausstehenden Spielen gegen Mönchengladbach, Freiburg und Nürnberg kann es Schalke aber immer noch selbst klar machen.

Die Niederlage in Stuttgart war verdient, weil Schalke erst nach einem 0:3-Rückstand (zweimal Harnik und Cacau) aufwachte. Doch zum mehr als zum Anschlusstreffer von Szalai reichte es nicht.

Schalke waren die Verfolger im Kampf um die Champions League schon vor dem Spiel ein Stück näher auf die Pelle gerückt; nachdem Leverkusen und Wolfsburg ihre Spiele gewonnen hatte, war der Vorsprung der Königsblauen auf vier beziehungsweise fünf Punkte geschrumpft. Die Stuttgarter dagegen durften die vorangegangenen Ergebnisse des 31. Spieltags als Chance begreifen: Sie konnten sich mit einem Erfolg über Schalke auf vier Punkte von den Abstiegsplätzen absetzen.

Dennoch begannen beide Mannschaften vorsichtig: Keiner wollte dem Kontrahenten eine offene Flanke zur Attacke bieten. Schalke musste neben den Langzeitverletzten und dem nach fünf Gelben Karten gesperrten Julian Draxler kurzfristig auch auf Jefferson Farfan verzichten, der bereits vor dem Spiel abgereist war: Ein Schmerzmittel, das der Peruaner gegen seine Kniebeschwerden genommen hatte, hatte eine allergische Reaktion ausgelöst. Für ihn begann Chinedu Obasi, der aber gar nichts auf die Kette bekam. Bei Stuttgart ließ Trainer Huub Stevens seine nominell gefährlichsten Offensivspieler Ibisevic, Werner und Maxim allesamt zunächst auf der Bank und beorderte Oldie Cacau in den Sturm.

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Von Andreas Ernst (aufgezeichnet in der Mixed Zone)

Die Marschroute beinhaltete zunächst alle Anzeichen für eine Punkteteilung, doch eine Standardsituation beendete in der 23. Minute das österliche Abtasten: Nach einem Freistoß von Daniel Didavi kam Schalkes Torwart Ralf Fährmann nur zögerlich aus seinem Kasten - Martin Harnik war entschlossener und köpfte den Ball freistehend am Fünfmeterraum zur Stuttgarter 1:0-Führung ein. Es war der erste gravierende Fehler von Fährmann in dieser Saison, der mit einem Gegentor bestraft wurde.

Schalke konnte den Schalter nicht umlegen

Schalke musste danach von Spielkontrolle auf Offensive umschalten, konnte den Schalter aber überhaupt nicht umlegen. Die Aktionen blieben halbherzig, Spielfluss kam nicht auf. Ein Tor von Max Meyer wurde wegen einer Abseitsposition von Huntelaar zurecht nicht gegeben, ein artistischer Versuch des wenigstens bemühten Goretzka ging übers Tor (33.). Die einzig zwingende Chance im ersten Abschnitt erspielen sich die Gäste mit dem Pausenpiff: Da verpasste Huntelaar eine scharfe Hereingabe von Goretzka nur knapp. Stuttgart freilich hätte zuvor durch Cacau bereits das zweite Tor nachlegen können (37.).

Doch dieser zweite VfB-Treffer war nur aufgeschoben - nicht aufgehoben. Denn neun Minuten nach dem Seitenwechsel erhöhte Cacau nach einer Flanke von Traore von der rechten Seite mit einem Kopfball ins lange Eck auf 2:0 - Schalkes Verteidiger Tim Hoogland war als Gegenspieler nicht nur in dieser Szene fürchterlich schlecht postiert. Und fünf Minuten später war die Schalker Deckung erneut nicht im Bilde: Hoogland und Ayhan ließen sich vom entschlossenen Sturmlauf des Japaners Sakai überrumpeln, und Harnik bedankte sich mit dem 3:0 - das dritte Osterei im Schalker Nest. So außer Rand und Band hat man die königsblaue Deckung lange nicht mehr gesehen.

Einzelkritik VfB - S04

Ralf Fährmann

Nach etlichen fehlerfreien Wochen leistete er sich diesmal einen schweren Fehler. Er unterschätzte die Freistoßflanke von Daniel Didavi - und Martin Harnik konnte unbedrängt das 1:0 für Stuttgart köpfen (23.).

Note: 5

Bei den Gegentoren zwei (Cacau, 55.) und drei (Harnik, 59.) war er machtlos.

Tim Hoogland

Ein schwarzer Tag! Sowohl hinten als auch vorn hatte er ganz schwache Szenen. Zunächst vorn: In der 11. Minute stand er an der Stuttgarter Eckfahne frei und hätte den Ball bis in den Strafraum führen können - doch er flankte viel zu überhastet. In der eigenen Abwehr war's noch schlimmer: Zunächst servierte er dem Stuttgarter Ibrahima Traore perfekt den Ball - und der flankte auf Cacau.

Note: 5,5

Nur mit Glück landete der Ball nicht im Tor (37.). In der 55. Minute verfolgte er Cacau nur halbherzig und verlor das entscheidende Kopfballduell - der Ball flog diesmal ins Tor (0:2). Auch das 0:3 (59.) hätte er mit geschicktem Stellungsspiel verhindern können.

Kaan Ayhan

Der junge Innenverteidiger war die zentrale Figur im Schalker Aufbauspiel, er hatte mit großem Abstand die meisten Ballkontakte aller Spieler auf dem Platz. Meist passte er den Ball aber nur zu seinem Nebenmann Joel Matip.

Note: 4,5

Zu selten wagte er den öffnenden Seitenwechsel, denn diese weiten Pässe kamen immer präzise. Seine schwächste Szene hatte er vor dem 0:3 (59.), als er sich an der Torauslinie von Gotoku Sakai ausdribbeln ließ - ein Anfängerfehler.

Joel Matip

Der Innenverteidiger hatte offenbar den Auftrag bekommen, mit kraftvollen Antritten immer wieder für Verwirrung in der Stuttgarter Hälfte zu sorgen. Er schien aber eher sich selbst und seine Mitspieler zu verwirren, da er entweder den Ball verlor oder auch mal ins Aus passte.

Note: 4,5

In der 75. Minute hätte ein solcher Fehler auch zu einem Gegentor führen können, wenn die Stuttgarter den Konter vernünftig zu Ende gespielt hätten. Kurz vor dem Ende vergab er seine einzige Chance kläglich.

Sead Kolasinac (bis 88.)

In der ersten Hälfte sorgte der Linksverteidiger für den einzigen Höhepunkt aus Schalker Sicht, als er Traore den Ball mit einer spektakulären Grätsche vom Fuß spitzelte (11.).

Note: 4,5

Direkt nach der Pause stand er allerdings nicht nah genug bei Ibrahima Traore - und der legte das 2:0 vor (55.). Unnötig, dass er sich mit einem Foul an Didavi eine Gelbe Karte einhandelte (33.).

Leon Goretzka

Wenn ein Schalker mit dem Ball am Fuß etwas anzufangen wusste, war es der ehemalige Bochumer. Er war meist beteiligt, wenn's im Stuttgarter Strafraum zur Sache ging: In der 33. Minute ging sein Fallrückzieher über das Tor, kurz vor der Pause verpasste Klaas-Jan Huntelaar seinen Querpass nur knapp, nach dem Wechsel war er nur mit einem gelbwürdigen Foul von Carlos Gruezo zu stoppen (51.).

Note: 3

Das königsblaue Ehrentor legte er vor (69.).

Roman Neustädter

Nicht sein auffälligstes Spiel im Mittelfeld-Zentrum, da sich vor allem Kaan Ayhan und auch Joel Matip um die Organisation kümmerten.

Note: 4

Er konnte sich darauf konzentrieren, einige Löcher zu stopfen, blieb aber in der Stuttgarter Hälfte unsichtbar.

Kevin-Prince Boateng

Im Zweikampf wirkte er nicht immer geschickt. Vor dem 0:1 (23.) verursachte er den Freistoß, der zum Tor führte, im weiteren Verlauf der ersten Hälfte sah er zurecht die Gelbe Karte (40.). Wenn er in der ersten Hälfte den Vorwärtsgang einlegte, zitterte die Stuttgarter Abwehr nicht.

Note: 4,5

Erst nach der Pause suchte er den Abschluss (49./53./71.). Während der kompletten 90 Minuten spielte er den Ball zu oft ins Niemandsland.

Max Meyer (bis 77.)

Mit seinen schnellen Drehungen kann er eine Abwehr verwirren und ein Stadion zum Staunen bringen (zum Beispiel in der 42.).

Note: 5

Effektiv spielte aber zu keiner Zeit.

Chinedu Obasi (bis 56.)

Er rückte für den gelbgesperrten Julian Draxler in die Startelf und sollte auf der für ihn ungewohnten linken Seite wirbeln. Er passte nicht zu diesem umkämpften Spiel, da er im Zweikampf zu oft zurückzog und mit gefährlichen Ballverlusten Konter einleitete (18./29.).

Note: 5,5

Gefährliche Aktionen hatte er nicht.

Klaas-Jan Huntelaar

Der Torjäger hing so in der Luft, dass er sich ab der 15. Minute weit in die eigene Hälfte fallen ließ, um am Spiel teilzunehmen. Das sieht Trainer Jens Keller eigentlich gar nicht gern.

Note: 5

Auch der "Hunter" hatte jedoch nicht seinen besten Tag erwischt. Kurz vor der Pause grätschte er an einer Flanke von Leon Goretzka vorbei.

Adam Szalai (ab 56.) - Note: 3,5

Er kam beim Stand von 0:2 und bildete danach mit Klaas-Jan Huntelaar eine Doppelspitze. Doch nur drei Minuten später legten die Stuttgarter das 0:3 nach, das Spiel war eigentlich verloren. Der Stürmer gab jedoch nicht auf, erzielte noch das 1:3 (69.) und ein zweites Tor wurde wurde aberkannt (72.).

Leroy Sane (ab 77.) - Ohne Note

Er kam für Max Meyer.

Felipe Santana (ab 88.) - Ohne Note

Er kam für Sead Kolasinac.

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Immerhin: Danach schüttelte sich Schalke einmal kräftig durch und bäumte sich noch einmal auf. Der zuvor für Obasi eingewechselte Adam Szalai verkürzte in der 69. Minute nach Goretzkas Vorarbeit auf 1:3. Und in der 73. Minute spitzelte Szalai den Ball sogar ein zweites Mal ins Netz, doch Linienrichter Georg Schalk hatte den Ball bei Hooglands Eckstoß zuvor im Aus gesehen. Da halfen alle Proteste nichts.

Für Schalke war es dennoch das Signal zur Schlussoffensive: Trainer Jens Keller brachte den 17-jährigen Leroy Sane zum ersten Mal in der Bundesliga, und der Sohn von Ex-Profi Sammy Sane sorgte noch einmal für richtig Wirbel. Aber die Stuttgarter hielten dem Ansturm mit viel Glück stand.