Rees. . Herbert Knebel philosophierte über Kaffeekultur und Sex im Alter und rockte das Bürgerhaus.

Wer trinkt seinen Kaffee bei Schtarbux? Wer kennt sich aus mit Emmanzipatzion und Karitzma? Herbert Knebel natürlich. Mit seinem neuen Programm „Ich glaub, ich geh kaputt...!“, einem bewährten Mix aus Comedy, Klamauk und Musik begeisterte er jetzt seine Zuhörer in Rees. Ob Kaffeekultur anno 2013, Sex im Alter, Piercing und „Tättowation“ – bei Herbert Knebel hat man das Gefühl, mit ihm am Schrebergarten-Zaun oder am Büdchen zu stehen und mitreden zu müssen.

Die neue Technik beispielsweise, ob DVD, App oder W-LAN, treiben nicht nur dem Mann aus Essen die Sorgenfalten auf die Stirn, sondern auch den Reesern, wie das kollektive Auflachen im ausverkauften Bürgerhaus vermuten ließ! Schnell hatte er dann auch „datt Armutszeugnis schlechthin von unse abendländische Kultur“ ausgemacht: Klingeltöne fürs Handy, sei es nun das Rauschen der Toilettenspülung oder Tiergeräusche. Auch der Comedystar war letztlich den Versuchungen der Technik erlegen gewesen, wenn auch nur, um Gattin Guste mal zu foppen: Er hatte Erotikgestöhne down-geloaded. Wo ereilte ihn das nächste Telefonat? Man ahnt es schon: am offenen Grabe des Freundes! Wo sonst? Schließlich wäre Herbert Knebel nicht Herbert Knebel, wenn er seine Geschichten nicht immer auf die Spitze treiben würde. Das ist manchmal flach, zugegeben! Aber Knebel serviert das mit so viel Charme und Bühnenpräsenz, dass man dann doch wieder versöhnt ist.

Zur Hochform läuft der Comedian Knebel auf, wenn er auf der Bühne rockt und steppt, wenn man sieht, wie viel Rhythmus unter dem beigen Rentner-Sakko steckt. Auch seine wandelbare Stimme fasziniert, die mal das Reibeisen-Format von Joe Cocker (You are so beautiful) hat, sich dann wieder schmeichelnd wie Udo Jürgens (Merci Chérie für die Stunden mit Sie) gibt. Und nicht zu vergessen sein Bühnenpartner Georg Göbel alias Ozzi Ostermann. Er entlockte seiner Gitarre virtuos mal sanfte, mal fetzige Töne – sehr zum Vergnügen der Zuhörer. Dabei bewies Ostermann urkomisches, komödiantisches Talent, gebärdete sich der Mann mit Bauchansatz und schlecht sitzender Perücke doch mit den großen Gesten eines gefeierten Rockstars. Nach zwei Stunden hatten die Reeser natürlich noch nicht genug gesehen, bettelten um Zugaben, weil sie mehr hören wollten von Hamstern, die „bei volle Fahrt aus dem Laufrad aussteigen“, von den angeblichen „Kegelschwestern“, deren Namen Knebels emanzipierte Gattin Guste im Tagesbuch vermerkt hatte: Rosi Luxemburg und Simonn de Boudoir. Die Zuschauer wurden erhört – mit zwei Zugaben.