Die Hebammen Anke und Maren Rosen und ihre Kollegin Kathrin Wehner schwärmen von ihrer Arbeit."Näher beim Menschen als bei der Geburt ist man nie"

Anke und Maren Rosen mit ihrer Kollegin Kathrin Wehner (v.l.) in ihren Praxisräumen, wo es auch Kurse für Mütter und Babys gibt. Foto: WAZ, Lutz von Staegmann
Anke und Maren Rosen mit ihrer Kollegin Kathrin Wehner (v.l.) in ihren Praxisräumen, wo es auch Kurse für Mütter und Babys gibt. Foto: WAZ, Lutz von Staegmann © WAZ

Dorsten. "Das ist der dollste, grellste, lebensnahste Beruf", versichert Anke Rosen und es fällt nicht schwer, ihr hundertprozentig zuzustimmen. Anke Rosen ist Hebamme, begleitet werdende Mütter durch ihre Schwangerschaft, holt Babys auf die Welt. "Die Menschen sind nie ursprünglicher als bei der Geburt. Beim Tod natürlich auch, aber das ist dann am anderen Ende."

Ihre Kolleginnen stimmen Anke Rosen voll und ganz zu. Die eine ist ihre Tochter Maren und sozusagen schon von Natur aus einer Meinung mit ihrer Mutter, schließlich hat sie den gleichen Beruf gewählt. Gemeinsam praktizieren sie heute als niedergelassene Hebammen in Dorsten, dritte im Bunde ist Kathrin Wehner. "RosenRot" haben sie ihre Hebammenpraxis genannt, die in Dorsten an gleich drei Standorten vertreten ist: in den Ostwall Arkaden, auf der Borkener Straße in Holsterhausen und seit neustem auch im Gesundheitszentrum am St. Elisabeth-Krankenhaus.

In den Hebammenpraxen bekommen die Patientinnen - wenn sie das wollen - eine Rundum-Versorgung, schließlich sind die Ehemänner von Anke und Maren Rosen, Dr. Ulrich und Dr. Thorsten Rosen Gynäkologen und arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis mit der Frauenärztin Sandra Lordieck. Meistens sind die Hebammen bei den Vorsorgeuntersuchungen der Schwangeren dabei, stehen ihnen für Gespräche zur Verfügung, begleiten sie bei allen Schwierigkeiten, wenn es z.B. zu vorzeitigen Wehen kommt: "Das ist gar nicht mal so selten", berichtet Maren Rosen.

Oft aber sind es die "kleinen" Fragen, die die Schwangeren beschäftigen und die sie lieber einer Hebamme als einem Arzt stellen. Sie helfen den Frauen, wenn sie Ängste quälen, geben ihnen viele Tipps und Ratschläge. Auch solche, die mit ihrem Beruf eigentlich nichts zu tun haben. Maren Rosen: "Manche Frauen wollen wissen, welchen Kinderwagen sie kaufen sollen, oder wie sie am besten das Bett für ihr Baby vorbereiten."

Die eigentliche Geburt begleiten die drei Hebammen bisher nicht: "Im Moment wäre das zu schwierig", erklärt Anke Rosen, Mutter von vier Kindern, aus Erfahrung. Wenn es bei einer Frau soweit ist, müssen die Hebammen Tag und Nacht auf Abruf bereit stehen, zu Hause alles stehen und liegen lassen. Maren Rosen ist selber Mutter eines kleinen Kindes und auch Kathrin Wehner ist nicht rund um die Uhr abkömmlich. Langfristig aber streben sie die Begleitung bis in den Kreißsaal an. Schließlich ist die Geburt für Mütter eine existentielle Erfahrung.

Manchmal empfinden Mütter es als Niederlage, wenn ihr Kind nach einer langen Geburt durch einen Kaiserschnitt geholt werden muss: "Es ist doch ganz furchtbar, wenn die Frauen sich hinterher mit solchen Gedanken herumquälen", erklären die Hebammen. Schließlich gehe es nicht um Leistungen und Normen, die zu erfüllen seien, genau so wenig wie eine Frau es partout schaffen müsse, ihr Kind ohne Betäubung durch Periduralanästhesie (PDA) zu bekommen. "Wir sollten uns freuen über diesen Fortschritt", so Anke Rosen. Und allemal sei es besser, wenn eine junge Mutter die Entbindung als schön und nicht als Quälerei traumatisch in Erinnerung behält.

Die Gespräche über die Geburt ihrer Kinder sind etwas, was alle Mütter anschließend brauchen. Und nicht nur die sind Teil der Arbeit der Hebammen, die erst nach der Geburt der Kinder beginnt. Jede Mutter hat nach der Entbindung den Anspruch auf Hausbesuche durch die Hebamme. Dann geht es um die Versorgung der Kinder, um ihre Entwicklung, ums Stillen und um die Veränderungen, die die Familien oder Paare mit einem Neugeborenen durchmachen. Und manchmal geht es auch um Probleme: "Ich war manchmal schon froh, dass ich nicht alleine verantwortlich war", berichtet Maren Rosen. Wenn sie etwa ganz junge Mütter und ihre Babys betreut hat und erleichtert war, wenn noch Sozialarbeiter ein Auge auf Mutter und Kind hatten.

Häufig haben junge Eltern den Hebammen in der letzten Zeit auch von Besuchen vom Jugendamt berichtet, und dass sie - nach anfänglicher Skepsis - ganz froh darüber waren. Bekanntlich hat das Jugendamt im vergangenen Jahr das Familienbüro eröffnet, dessen Mitarbeiterinnen allen frisch gebackenen Eltern einen Hausbesuch abstatten.