Schalksmühle.

Über das Für und Wider einer Organspende referierte jetzt die Pfarrerin im Krankenhausdienst Bettina vom Brocke im Rahmen des Offenen Gesprächskreises der Evangelischen Kirchengemeinde Schalksmühle-Dahlerbrück.

Die ohnehin vergleichsweise geringe Bereitschaft, Organe zu spenden, sei in Deutschland im Laufe der vergangenen Monate um zwölf Prozent zurückgegangen. Grund dafür sei der Skandal um einen Göttinger Transplantationsmediziner, der aufgrund massiver Manipulationen bei der Organvergabe angeklagt ist, informierte Bettina vom Brocke ihre Zuhörer.

Die Möglichkeit, überhaupt Organe zu transplantieren, bestehe noch nicht sehr lange: Im Jahr 1954 erfolgte in Boston die erste Nierentransplantation, und 1967 wurde in Kapstadt die erste Herztransplantation durchgeführt. „Seither sind allein 103.000 Herzen transplantiert worden“, so die Referentin.

Mehr Spenden in Österreich

Dabei habe sich allerdings auch die Erfolgsquote drastisch verbessert. Der erste Herzpatient habe nach einer Transplantation lediglich 18 Tage überlebt, damals wurde ein Kunstherz implantiert. Heute betrage die Erfolgsquote bei Herztransplantationen nach fünf Jahren 62 Prozent. Noch besser, so Bettina vom Brocke, liege die Erfolgsquote bei den Nieren mit 74 Prozent nach fünf Jahren. Dazu beigetragen habe nicht nur die immer bessere Medizintechnik, sondern auch immer hochwertigere Medikamente, die eine Abstoßung des transplantierten Organs durch den Körper verhindern.

Bei der Lebendspende von Organen und Gewebe – diese ist zum Beispiel bei der Blutspende, der Stammzellen- oder Knochenmarkspende sowie der Spende einer Niere oder eines Teils der Leber möglich – sei die Akzeptanz nicht so stark rückläufig. Allerdings sehe es bei der Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod deutlich problematischer aus als in vielen Nachbarländern. Dies, so die Referentin, sei auch auf gesetzliche Regelungen zurückzuführen, die in Deutschland anders seien als in den meisten anderen Staaten. „Während hierzulande ausschließlich nach dem von zwei unabhängigen Ärzten diagnostizierten Hirntod die Möglichkeit zur Organentnahme besteht, ist diese zum Beispiel in Spanien auch nach Herz-Kreislauf-Versagen möglich“, erklärt Bettina vom Brocke. Von 400.000 Menschen in Deutschland erlitten lediglich ein Prozent den Hirntod, wobei längst nicht jede dieser Personen über einen Organspenderausweis verfüge. Auch die Tatsache, dass in Deutschland eine ausdrückliche Zustimmung zur Organentnahme erfolgen müsse, sorge dafür, dass weniger Organe zur Transplantation zur Verfügung stehen. „In Österreich, wo ein Widerspruch gegen die Organentnahme vorgeschrieben ist, gibt es deutlich mehr Spenden“, so die Referentin.

"Körper von Gott gegeben"

Die Bedenken derjenigen, die sich gegen eine Spende ihrer Organe nach dem Tod entscheiden, sind vielfältig. Neben Befürchtungen, dass Kliniken und Ärzte bei der Organtransplantation ausschließlich nach finanziellen Interessen handeln, steht für viele auch die Frage im Raum, ob ein Mensch, der den Hirntod erleidet, dann auch tatsächlich tot oder vielmehr ein Sterbender ist. Mediziner vertreten die Auffassung, dass bei einem hirntoten Menschen keine Regungen und Aktivitäten im Gehirn mehr festzustellen sind und somit eine Interaktion mit den übrigen Organen und eine Rückkehr ins Leben für ihn nicht mehr möglich ist.

Darüber hinaus, so die Referentin, stehe für viele schließlich die Frage in Vordergrund, ob eine Organtransplantation vor Gott zu verantworten sei. Die Fragen zu diesem Thema müsse jeder für sich selbst beantworten, so die Theologin. Abschließend gab sie den Zuhörern ihre persönliche Ansicht zum Thema mit auf den Weg: „Mein Körper wurde mir von Gott nur für die Zeit, in der ich lebe, auf diese Erde mitgegeben“, schloss Bettina vom Brocke ihren Vortrag. „Wenn ich tot bin, brauche ich ihn nicht mehr, und stimme deshalb gerne der Entnahme aller meiner Organe nach meinem Tod zu.“

Der nächste Offene Gesprächskreis wird am Dienstag, 5. November, ab 19.30 Uhr zum Thema „Reise entlang der Seidenstraße von Chiwa über Buchara nach Samarkand (Usbekistan) stattfinden. Den Abend für die Teilnehmer füllt dann ein Dia-Vortrag des Ehepaars Nagel aus Halver.