Hervest/Essen. .
Zum Schluss war der Missbrauch im Internet nicht so schlimm, wie ihn die Anklage vermuten ließ. Deshalb verurteilte das Landgericht Essen den 24 Jahre alten Hervester, der sich im Netz als 13-jährige „Stefanie Müller“ ausgegeben hatte, lediglich zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren mit Bewährung. Er muss sich in ambulante psychiatrische Behandlung begeben.
Ein Bewährungshelfer soll zudem dafür sorgen, dass der Angeklagte aus seinem Tief herauskommt. Sozial vereinsamt hatte er in den letzten Jahren nur noch am Computer gesessen, verschwand in den Weiten des Internets. Als er seine Homosexualität entdeckte und seine Vorliebe für „sechs bis dreizehn Jahre alte Jungen“, gab er sich im Netz die Identität der Stefanie Müller. Er fand gleichaltrige Jungen, schickte ihnen Nacktfotos von „Stefanie“ und bekam entsprechende Nacktfotos der Jungen zurück.
Anfangs hegten die Ermittler den Verdacht, dass der Angeklagte mit diesen Fotos die Kinderpornoringe bediente, Geld damit verdiente. Doch das ließ sich mit Hilfe von Sachverständigen, die die Dateien unter die Lupe nahmen, nicht bestätigen. Immer klarer wurde dagegen das Bild eines Einzelgängers voll sozialer Phobien, der mehrere Ausbildungen abbrach und kaum noch Freunde hatte. Ersatz verschaffte ihm der Computer, das Internet.
Von 2008 bis Frühjahr 2012 gab der Angeklagte sich als Stefanie Müller aus, chattete bundesweit mit Jungen. Aber seit 2010 gibt es eine Änderung in seinem Leben. Seitdem absolviert er erfolgreich eine Ausbildung und hätte die Prüfung abgelegt, wenn er nicht für vier Monate in Untersuchungshaft gekommen wäre. Der Betrieb hält trotz der Vorwürfe an ihm fest.
Staatsanwältin Alexandra Rott und Verteidiger Karl-Heinz Göder beantragten vor diesem Hintergrund eine Bewährungsstrafe. Dem verschloss sich auch das Gericht nicht. Richter Busold wies darauf hin, dass der Fall nicht mehr so dramatisch sei und der Anklage laut Gutachten auch kein „Kernpädophiler“ sei. Er betonte, dass der nicht vorbestrafte Hervester sich auf das Internet beschränkt und „in keinem Fall persönliche Kontakte“ zu den Jungen aufgebaut habe.