Hagen/Schalksmühle. .
Zudem habe sein Mandant gar nichts über den Lebenswandel seiner Nichte in Deutschland wissen können. Nobis brachte erneut Iptehals Bruder als dringend Taverdächtigen ins Spiel. Dies belege die Aussage seines älteren Bruders, der angeblich behauptet hatte, der 16-Jährige habe seine Schwester getötet.
Viele Zeugen hätten zudem berichtet, dass der jüngere Bruder im Besitz einer Waffe war. Zeugen hätten auch erzählt, dass Iptehal vor allem Probleme mit dem kleinen Bruder und ihrer Mutter gehabt habe. Gerade wegen seiner liberalen Haltung sei sein Mandant von der Familie in die Rolle des Sündenbocks gedrängt worden, trug Anwalt Nobis vor. Um die Angelegenheit aufzuklären, habe er sich freiwillig den deutschen Behörden gestellt.
„Das wäre unerklärbar, wenn er tatsächlich dabei gewesen wäre“, sagte Nobis und fasste die Situation nach der Beweisaufnahme aus seiner Sicht zusammen: „Ich meine, dass das hier alles nicht ausreicht und beantrage einen Freispruch und die Aufhebung des Haftbefehls.“
Damit liegen die Anträge für den Hauptangeklagten sehr weit auseinander, denn Staatsanwalt Klaus Knierim hatte lebenslänglich gefordert. Andreas Trod, Anwalt des mittlerweile fast 21-jährigen Bruders der Getöteten, ging hingegen von einer Tatbeteiligung seines Mandanten aus. Er sah dessen Schuldfähigkeit allerdings als eingeschränkt an. Durch die „Sogwirkung der Handlung seines Onkels“ bestünden aber erhebliche Zweifel, ob der junge Mann die volle Tragweite seines Handelns erkennen konnte. „Die Beweisaufnahme lässt den Schluss zu, dass die Tat nur möglich war durch die Initiative des Onkels.“ Letztlich bejahte Trode aber die Schuldfähigkeit seines Mandanten und sprach sich für eine Haftstrafe aus, die dem aktuellen Erziehungsbedürfnis Rechnung trage: drei Jahre und neun Monate wegen Beihilfe zum Totschlag.
Einen umfassenden Freispruch forderten die Anwälte von Iptehals Mutter. Diese habe lediglich von ihrem Recht Gebrauch gemacht, „auch mal ihre Tochter zu kritisieren“. „Sie ist eine Mutter von sechs Kindern, die dafür gesorgt hat, dass ihre Töchter nicht dem klassischen Bild einer islamischen Frau entsprechen.“
Von ihrer Beteiligung an den Tatplänen könne nach der Beweisaufnahme keine Rede mehr sein. Auch die angebliche uneidliche Falschaussage im ersten A45-Prozess sei nicht bewiesen. Für ihren Bruder, den „deutschen“ Onkel von Iptehal, hatten Staatsanwalt Klaus Knierim und die Verteidigung bereits in der vorangegangenen Sitzung einen Freispruch gefordert.
Das Urteil wird am Montag ab 14 Uhr im Landgericht verkündet.
DER FALL: Mit einem Kopfschuss wurde die 20-jährige Iptehal A. am 31. August 2008 auf dem Rastplatz Sterbecker Siepen an der A45 getötet. Im Januar 2010 wurde der Cousin des Opfers wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes zu 14 Jahren Haft verurteilt. Nun müssen sich auch zwei Onkel, der Bruder und die Mutter der Frau wegen Mordes verantworten.